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UDR-Soldaten wegen Katholiken-Mord unter Anklage

Zwei Mitgliedern des „Ulster Defense Regiments“, der nordirischen Einheit der britischen Armee, wird der Prozeß gemacht / Mitgliedschaft vieler UDR-Soldaten in illegalen Organisationen nachgewiesen / Kooperation mit „Sicherheitskräften“ gegen IRA  ■  Aus Dublin Ralf Sotscheck

Zwei Soldaten des „Ulster Defence Regiments (UDR)“ sind gestern von einem nordirischen Gericht des Mordes angeklagt worden. Den beiden wird vorgeworfen, im August den Katholiken Loughlin Maginn in dessen Haus in Belfast erschossen zu haben. Einem der beiden Soldaten wird außerdem der Mord an dem katholischen Barmann Liam McKee im Juni zur Last gelegt. Zu beiden Taten hatten sich die paramilitärischen protestantischen „Ulster Freedom Fighters (UFF)“ bekannt, eine Tarnorganisation der legalen „Ulster Defence Association (UDA)“.

Die UFF hatte nach dem Mord an Maginn einem BBC-Reporter geheime Dokumente vorgelegt, die ihr von den „Sicherheitskräften“ zugespielt worden seien, um zu beweisen, daß Maginn Verbindungen zur IRA gehabt habe.

Das Ulster Defence Regiment ist die nordirische Einheit der britischen Armee. Es wurde 1970 gegründet und besteht fast ausschließlich aus Protestanten. Die Mitgliedschaft vieler UDR-Soldaten in illegalen Organisationen und ihre Teilnahme an Mordanschlägen ist in der Vergangenheit wiederholt nachgewiesen worden. Im Juli 1975 ermordeten sieben UDR -Mitglieder die dreiköpfige Dubliner Rockgruppe „Miami Showband“ auf einer nordirischen Landstraße. Vier Jahre später wurde der UDR-Soldat James MuIlwaine als Bandenmitglied der „Shankill-Schlächter“ verurteilt, die zwischen 1975 und 1977 mindestens 19 Katholiken ermordet hatten. Die meisten Opfer waren zuvor auf bestialische Weise gefoltert worden.

Die Zusammenarbeit der offiziellen „Sicherheitskräfte“ mit protestantischen Mordkommandos belastet die anglo-irischen Beziehungen immer mehr. Ein Sprecher des Ulster Defense Regiment mußte am Sonntag zugeben, daß weitere Geheimakten mit den Fotos und Adressen von neun „mutmaßlichen IRA -Sympathisanten“ aus der Ballykinlar-Kaserne verschwunden sind. Die Akten waren in der vergangenen Woche von einem UDR -Major „ausgeliehen“ worden. Ein Sprecher der Armee sagte, daß die Angelegenheit mit größter Dringlichkeit untersucht werde.

Inzwischen hat die UFF damit gedroht, weitere Geheimdokumente der „Sicherheitskräfte“ über IRA-Mitglieder zu veröffentlichen. Offenbar will die Organisation Behauptungen der nordirischen Polizei widerlegen, daß die undichte Stelle im offiziellen Sicherheitsapparat kurz vor der Enttarnung stünde. Die UFF erklärte, daß sie in sämtlichen Teilen der britischen Krisenprovinz von den „Sicherheitskräften“ mit Informationen versorgt werde.

In einer Presseerklärung behauptete die UFF, daß ihre Mitglieder von der Polizei schikaniert würden. Die Polizei hatte in letzter Zeit verschiedene Kneipen durchsucht, deren Profite an die UFF gehen. Bei den Durchsuchungen wurde Belastungsmaterial sichergestellt. Der nordirische Westminster-Abgeordnete Eddie McGrady von den Sozialdemokraten forderte am Sonntag, das UDR bis zur Klärung der Vorfälle zu kasernieren. Die Dubliner Regierung besteht auf eine öffentliche Untersuchung der UFF -Behauptungen.

Die Weitergabe der geheimen Akten an protestantische Paramilitärs ist wichtigster Tagesordnungspunkt der anglo -irischen Konferenz, die am Freitag in Dublin tagt.

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