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Der schnelle Tory

Wettquoten zu Coes sportlicher und politischer Zukunft  ■  PRESS-SCHLAG

Der Engländer Sebastian Coe ist in diesem Jahr der zweitschnellste 800-Meter-Läufer der Welt. Am Freitag lief er beim Stadionfest von Crystal Palace sein letztes Rennen in Großbritannien, das er selbstverständlich gewann. Romantischerweise hatte Coe in eben diesem Stadion seine Karriere über 800 Meter im Jahr 1976 begonnen.

Doch einmal will er noch laufen - bei den Commonwealth -Spielen im Januar in Auckland. Das gab er auf einer Pressekonferenz zum Entsetzen des britischen Leichtathletik -Verbands, bei dem Coe recht unbeliebt ist, in der vergangenen Woche bekannt. Und er will nicht nur über 800 Meter, sondern auch über 1.500 Meter starten. Das steht ihm als zweifachem Gewinner von olympischem Gold und Silber auch zu. Eine Commonwealth-Medaille fehlt noch in Coes Trophäenschränkchen, weil er just zu dieser Zeit jedesmal verletzt war. Der Verband hatte gehofft, seinen Platz mit Nachwuchsläufern füllen zu können, die nun jedoch zu Hause bleiben müssen.

Auf der Pressekonferenz in den Londoner Connaught Rooms, die Coe selbst organisiert hatte („Keiner hat mich gesponsort“), ging es natürlich nicht nur um die Wettkämpfe des ehemaligen britischen Weltreichs. Der Bedeutung des Augenblicks durchaus angemessen, hatte sich Coe einen roten Teppich ausgerollt und verkündet, daß er sich nach seinem letzten Rennen geradewegs in die Politik begeben werde.

Der ambitionierte junge Mann will Abgeordneter der Konservativen werden. Einen Wahlkreis hat er auch schon im Auge: Falmouth in Westengland. Coe bezeichnet sich zwar im Vergleich zu seiner Premierministerin als „liberal“, aber er glaubt nicht, daß seine Teilnahme an den olympischen Spielen in Moskau gegen den ausdrücklichen Wunsch Margaret Thatchers seiner politischen Karriere schaden könnte. „Schließlich ist der derzeitige Sportminister damals auch nach Moskau gefahren“, sagte Coe.

Auch in bezug auf Südafrika stimmt er nicht so ganz mit Thatcher überein. „Solange die Apartheid regiert, sollte es keine Sport-Verbindungen geben“, machte Coe seinen Standpunkt klar. Beim Sport gehe es um Fair play, was man von Apartheid nicht sagen könne. In Auckland, wo die britische Cricket-Tournee nach Südafrika große Empörung ausgelöst hatte, hört man solche Worte gern. Ob ihm das in der Rugby-Hochburg Falmouth etwas nützt, bleibt fraglich. Coe hat von Rugby nämlich keine Ahnung.

Die britische Wettleidenschaft machte auch vor Coe nicht halt: Seine Chancen, bis Ende des Jahrhunderts Kabinettsminister zu sein, werden mit 7:1 gehandelt. Weitaus schlechter sind seine Aussichten, bis zum Jahr 2010 Premierminister zu sein. Diese Quote beträgt 66:1. Am meisten traut man ihm noch bei den Commonwealth-Spielen zu.

Die Wetten, daß er mit einer Goldmedaille in seinen Wahlkreis einzieht, stehen bei 3:1. Die Leichtathletik -Funktionäre werden ihn wohl nach Auckland mitnehmen müssen, wollen sie es sich nicht mit Thatcher und den Tories verderben.

Ralf Sotscheck

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