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Keine Staatsknete für Belfaster Rüstungsfirma

Die Belfast - Antigua - Pretoria - Chile - Irak - Atlanta - Rom - Brüssel - Connection einer Haubitzenproduktion / Wer versorgte Pretoria mit der Lizenz?  ■  Aus Dublin Ralf Sotscheck

Aufgrund eines Einspruchs der britischen Regierung gegen die Unterstützung einer Rüstungsfirma in Nordirland durch die dortige Industrie-Entwicklungsbehörde ist jetzt ein umfangreicher Deal an die Öffentlichkeit gelangt, mit dem Pakistan offenbar illegal mit Kriegsgerät versorgte werden sollte. Darüber hinaus dürfte dabei eine langjährige verdeckte Kooperation mit Südafrika erneut aufgerollt werden. Betroffen ist ein Belfaster Unternehmen, das nach dem Verdikt des Londoner Verteidigungsministerium nun eventuell mehr als die zur Debatte stehenden 6,5 Millionen Mark an Subventionen abschreiben muß.

Die Firma, die in der nordirischen Hauptstadt die stillgelegte Learfan-Waffenfabrik gekauft hat, ist ein gemeinsames Unternehmen der US-amerikanischen „Space Research Corporation Composites“ (SRC) und der irakischen „Technology and Development Group“ (TDG). SRC hat im Jahr 1977 eins der modernsten Artilleriesysteme der Welt ohne Exportlizenz an Südafrika verkauft. Die 155-Millimeter -Haubitze „G 5“ wurde damals von der Fabrik im Norden der USA auf die Karibikinsel Antigua verschifft, wo SRC ein Testgebiet besitzt. Auf Antigua wurden die Ladepapiere vertauscht. Von dort ging der Transport über Spanien nach Kapstadt weiter. Vermutlich ist die G 5 bei Südafrikas erstem Atomtest vor zehn Jahren eingesetzt worden.

Kurz bevor der Rüstungsdeal damals aufgeflogen war, hatte die südafrikanische Regierung durch ihre Waffenbeschaffungsagentur „Armscor“ eine Beteiligung in Höhe von 20 Prozent bei SRC erworben. Darüber hinaus erhielt Südafrika eine Option für „zukünftige Lizenzübernahmen“, und es ist bis heute unklar, wer nun die Patente und Lizenzrechte für die G 5 besitzt. Die Haubitze wird inzwischen in Verwoerburg in der Nähe von Pretoria hergestellt. SRC-Chef Gerry Bull, der die G 5 entwickelt hat, wurde 1980 von einem Gericht in Vermount wegen des illegalen Waffenexports zu einer Gefängnisstrafe von sechs Monaten verurteilt. Bull hatte früher als Raketenwissenschaftler am Atomprogramm des Pentagon mitgearbeitet.

Als Grund für das Verbot der Subventionszahlung an das Belfaster Projekt gab das britische Verteidigungsministerium jedoch nicht die Südafrika-Verbindung von SRC an, sondern die Beteiligung der irakischen TDG. Das Ministerium hatte herausgefunden, daß einer der beteiligten irakischen Unternehmer, Fadel Jawad Kadhum, gleichzeitig ein hoher Beamter der irakischen Staatsindustrie ist. London befürchtet, daß die in Belfast hergestellten Teile nach Bagdad exportiert werden sollen, um die irakische Rüstung nach dem Golfkrieg auf den neuesten Stand zu bringen. Die chilenische Waffenfirma „Cardoen Industries“ hat in diesem Jahr bekanntgegeben, daß sie mit Südafrika einen Lizenzvertrag für die G 5 und die modernere, selbstangetriebene G 6 geschlossen habe. Ein Abnehmer der beiden Haubitzen sei die irakische Regierung. Es besteht der Verdacht, daß der Irak den Waffenkauf durch einen Export -Kredit der italienischen Bank „Banca Nazionale del Lavoro“ finanziert hat. Dieser nicht genehmigte Kredit in Höhe von drei Milliarden Dollar ist durch die Zweigstelle der Bank in Atlanta ausgezahlt worden. Die italienische Staatsanwaltschaft hat die Untersuchung des Falls aufgenommen. Die beiden Direktoren der Bank sind inzwischen zurückgetreten.

SRC hat seinen Hauptsitz vor kurzem nach Brüssel verlegt. James Brooks, der technische Direktor von SRC, hofft, daß die Firma auch ohne staatliche Unterstützung die Produktion „von Waren für den internationalen Markt“ in Belfast aufnehmen könne. Angeblich sollen in Belfast Kohlefaserteile für Düsenmotoren hergestellt werden.

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