: Ende einer Bewegungsära amtlich
■ Koordinierungsausschuß der Friedensbewegung aufgelöst / Statt dessen basisorientiertes Netzwerk / Noch ist unklar, wie groß das Basisinteresse überhaupt ist
Bonn (taz) - Formal ist es das Ende einer Ära: Der Bonner Koordinierungsausschuß (KA) der Friedensbewegung, einstmals Organisator von Massendemonstrationen, wurde am vergangenen Freitag endgültig aufgelöst. Doch dieser Beschluß, auf einem Beratungstreffen von rund 50 TeilnehmerInnen gefaßt, markiert nur die Anpassung an längst vorhandene politische Realitäten. Als arbeitende Gruppen zu den verschiedensten Themen gibt es die Friedensbewegung zwar weiterhin, aber sie eint kein gemeinsames politisches Ziel mehr. Die Krise des KA war spätestens nicht mehr zu verbergen, nachdem im Frühsommer „Aktion Sühnezeichen“ aus diesem Gremium demonstrativ ausgetreten war. Ein partei- und spektrenübergreifendes Netzwerk, auch „Friedenskooperative“ genannt, soll nun für einen basisbezogeneren Austausch unter den verschiedenen Gruppen sorgen und auch Initiativen aus anderen sozialen Bewegungen (Frauen, Ökologie) offen stehen. Das Bonner Büro des alten KA soll dafür als „Servicebüro“ dienen, der zweimonatige Rundbrief „Friedensforum“ als Organ des Netzwerks erscheinen. Statt eines Gremiums mit Beschlußkompetenz und politischem Mandat sollen vierteljährliche Beratungstreffen den Rahmen zur Koordinierung von Aktivitäten bilden. Ein erstes Treffen ist für den 17.Dezember vorgesehen; wie groß das Basis-Interesse an Vernetzung überhaupt ist, wird zuvor mit einem Fragebogen erkundet. Als letzte Amtshandlung müssen die im alten KA vertretenen Organisationen jetzt noch ein Defizit von 20.000 Mark decken, das unter anderem durch die Berliner „Massendemo“ mit Minibeteiligung im Juni entstanden war.
Die Vorsitzende von „Aktion Sühnezeichen“, Eva Michels, befürchtet allerdings, daß die bisherigen KA-Organisationen als „Spinne im Netz des neuen Netzwerks“ ihre Macht erhalten wollen. Michels kritisiert, daß der „Förderverein Frieden“, bisher nur das finanztechnische Konstrukt für den alten KA, nun die Finanzen des Netzwerks verwalten und den Rundbrief herausgeben soll. Wenn sich der „Bonner Klüngel“ der bisherigen KA-Organisationen nun im Förderverein festsetze, werde es auch im neuen Netzwerk wieder ein „Autoritätsgefälle“ geben.
Ch. Wiedemann
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