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Bonn: Im Grunewald ist Schießaktion

■ Bundesfinanzminister will, daß Amerikaner aus Kostengründen Grunewald-Schießplatz „Keerans Range“ ausbauen / GIs sollen statt in Bayern in Berlin mit Mörsern und neuen Panzerfäusten üben / Senat: Aus Natur- und Lärmschutzgründen nicht hinnehmbar

Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) ist offenbar nicht mehr bereit, den teilweise auf westdeutschen NATO -Truppenübungsplätzen stattfindenden Übungsbetrieb der in West-Berlin stationierten alliierten Soldaten in dem bisherigen Umfang aus dem Besatzungslastenetat zu bezahlen. Nach Informationen der taz betrachtet er eine mit zusätzlichen Umweltbeeinträchtigungen verbundene Konzentration der Schießübungen auf die Mauerstadt als billigere Alternative, die allerdings nur gegen den rot -grünen Senat durchzusetzen wäre. Wie Senatssprecher Kolhoff bestätigten konnte, gibt es nun Überlegungen der Amerikaner, auf ihrem Grunewald-Schießplatz „Keerans Range“ am Kronprinzessinnenweg in Nikolassee eine bestehende Schießbahn zu verlängern. Damit bräuchten die Soldaten der Berliner US-Garnison zum Training an Mörsern und Panzerfaustwaffen nicht mehr kostenaufwendig nach Bayern transportiert zu werden.

Eigentlich seien die Amerikaner jedoch mit der bisherigen Praxis, auf Nato-Plätze auszuweichen, „gut gefahren“, sagte Kolhoff. Wenn nur aus finanziellen Gründen bisher schon in Westdeutschland stattfindende Schießübungen wieder nach Berlin verlagert werden sollten, könne der Senat das wegen der zusätzlichen Natur- und Lärmbelastung keinesfalls akzeptieren. Kolhoffs Worten zufolge ist indes über den Schießplatzausbau noch nicht entschieden. Der Sprecher kündigte an, daß der Senat in dieser Angelegenheit wahrscheinlich schon in der nächsten Woche bei Bundesregierung und den Amerikanern intervenieren werde.

Nach Angaben aus der Umweltverwaltung und dem Landesforstamt haben die US-Militärs bei zwei Ortsterminen im September bereits konkrete Planungen zum Ausbau des rund 22Hektar großen Grunewaldschießplatzes vorgestellt. Entgegen der Auskunft Kolhoffs ist nicht an eine Verlängerung der bestehenden Schießbahnen, sondern sogar an den Neubau einer 250Meter langen Schießbahn an der südwestlichen Platzumfassung gedacht. Ferner hätten die Militärs Überlegungen angesprochen, aus Sicherheitsgründen ein 20Meter breites Stück Niemandsland um den Schießplatz neu einzuzäunen. Als möglichen Baubeginn für die Anlage der zusätzlichen Schießbahn nannten sie den April 1990.

Dort, wo diese Schießbahn hinsoll, sprießt freilich ähnlich wie am Gleisdreieck ein seit Jahrzehnten unberührtes Pflanzenbiotop. Laut einer internen Stellungnahme des Landesforstamts würde eine kostbare Magertrockenrasenfläche mit lockerem Baum- und Strauchbewuchs sowie ein kleiner Sanddünenrücken nebst Kiefernbäumen eingeebnet. Verbittert dazu Forstamtsreferatsleiter Elmar Lakenberg: „Natürlich um Kosten zu sparen, hat man uns angeboten, das Fällen der Bäume zu übernehmen. Wir haben das als relativ makaberen Vorschlag zurückgewiesen.“

Dem Vernehmen nach veranschlagten die Amerikaner die Kosten für die neue Schießbahn auf sechs Millionen Mark. Augenscheinlich von Beamten Bundesminister Waigels stammende Berechnungen ergeben, daß sich die vom Steuerzahler aufzubringende Summe durch den Wegfall der Transportkosten zu einem Nato-Übungsplatz schon binnen eines Jahres amortisieren würde. Obwohl sich in rund 600 Meter Luftlinie von dem Waldschießplatz am Schlachtensee ein Villenvorort befindet, wollen die Bonner Ministerialen jedoch nur für wenig wirksame Mindestschallschutzmaßnahmen blechen. Die Leitungsreferentin in der Umweltverwaltung, Sabine Daniel: „Die Pläne für die Erweiterung des Schießplatzes widersprechen auch den Koalitionsvereinbarungen in dem Sinne, daß Manöver und Schießübungen in Berlin langfristig zurückgeschraubt werden sollen.“

Die Amerikaner selbst sahen sich gestern bis Redaktionsschluß zu einer Stellungnahme nicht in der Lage. Auch das Bonner Finanzministerium hüllte sich in Schweigen. Die Darstellungen, daß die Bundesregierung aus Kostengründen den Schießplatzausbau mit den Amerikanern verabredet habe, müsse jedoch „ganz entschieden“ zurückgewiesen werden.

Thomas Knauf

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