: Rock auf den Punkt gebracht
■ John Cale, der Mann mit der Viola, spielte im Modernes Klavier und sang
Ein Mann. Ein Klavier und ein Synthesizer. Eine Gitarre. Ein Konzert. Bei einer solchen Konstellation kann eigentlich nur alles schiefgehen. Zuviele Alleinunterhalter an den Lagerfeuern vergangener Jahre hat man über sich ergehen lassen müssen, als daß man das weinerliche Pathos des Musik -Poeten, der allein mit seinem Instrument ekstatisch sein Leiden abreagiert, noch ertragen möchte. Zuviele Krautrocker internationaler Herkunft haben uns mit ihrer naiv-schalen Street-Credibility genervt, als daß wir uns freiwillig ihrer penetranten Ehrlichkeit ausliefern würden.
Doch bei John Cale ist das alles anders. Wenn dieser charmant verlegene Herr die Bühne betritt,
braucht er nicht mehr als ein Klavier für die hämmernden Stakkato-Rhythmen, eine grell eingestellte akustische Gitarre für das softere Gefühl, seine sichere und kraftvolle Stimme bringt er mit, ebenso die Songs. Lässig bringt er an einem solchen Konzertabend den Rock'n'Roll auf den Punkt. Der da wäre: eine Gitarre, eine Stimme, ein Song. Alles weitere ist Ornament, überflüssig. Ist etwas für junge Leute, die sich noch beweisen müssen, weil sie nichts zu sagen haben.
John Cale ist schon etwas älter, wirkt dabei aber nicht verstaubt wie sein Publikum, das auch schon etwas älter ist. John Cale hat viel erlebt und als Gründungs-Mitglied von Velvet Under
ground auch schon Rock-Ge schichte geschrieben. John Cale ist studierter Musiker mit ausgiebiger Avantgarde-Erfahrung und findet es im Zusammenhang dieses Konzert-Abends nicht notwendig seine musikalische Bildung vorzuführen. Er beschränkt sich in seinen Liedern auf einfache Strukturen, auf hartkantige, ostinate Riffs, die er kraftvoll spielt und über die er lakonisch, sicher und mit Überzeugungskraft seine melancholischen Melodien singt.
Die Begeisterung im wohlgefüllten Modernes war groß, als John Cale nach knapp zwei Stunden konzentrierten Vortrags zum vierten Mal den Weg in die Garderobe antrat. Zu Recht.
step
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen