: Schicksal Energieverbrauch-betr.:"Prima Klima fürs AKW?", taz vom 26.10.89
betr.: „Prima Klima fürs AKW?“, taz vom 26.10.89
Daß Sie Kernkraftwerke nicht mögen, akzeptiere ich. Was mich allerdings in einer so kritischen Zeitung wie der Ihren bedrückt, ist - bezogen auf die Menschheitsentwicklung insgesamt - die Feststellung, Energieverbräuche seien kein Schicksal, sondern das Ergebnis politischer Weichenstellung. Wie bloß soll die aussehen?
Jedes Jahr, ohne Aussicht auf Änderung, wächst die Weltbevölkerung um netto ca. 84 Millionen Menschen. Sie wie ich werden diesen Menschen einen gewissen Lebensstandard zugestehen wollen, den Sie nicht erreichen können ohne Energie
-für Schutz gegen Unbillen des Wetters,
-zur Nahrungsgewinnung und -zubereitung, Wasserversorgung,
-zur Fortbewegung,
-für Arbeits- und Produktionsmittel,
-für Sanitär- und Gesundheitsmaßnahmen,
-vielleicht sogar für ein bißchen Vergnügen.
In der Bundesrepublik Deutschland werden pro Jahr ca. 6.000 Kilowattstunden elektrische Energie je Einwohner verbraucht. Raumheizung ist nicht eingerechnet und auch nicht der Verbrauch an Mineralöl für den Verkehr.
Wenn man einmal unterstellt, wir oder die Menschen draußen könnten mit einem Viertel an elektrischer Energie auskommen, dann sind das 1.500 Kilowattstunden pro Jahr und Kopf. Für alle pro Jahr Hinzukommenden ergibt sich dann der wahnwitzige Bedarf von 126 Millionen Kilowattstunden, und zwar jeweils mehr von Jahr zu Jahr (von den schon vorhandenen im Elend lebenden Menschen ganz zu schweigen).
Wohlgemerkt, diese Zahl beruht auf der Annahme, wir würden durch eine politische Weichenstellung den jetzigen Bedarf bei uns um 75 Prozent gesenkt und diesen niedrigen Wert als Maßstab gesetzt haben. Wenn die dann doch noch bleibende Entwicklung (die Heizung und Fortbewegung noch gar nicht erfaßt) nicht schicksalhaft genannt werden soll, weiß ich wirklich nicht, welchen Inhalt dieser Begriff dann noch hat.
Ich weiß keine Lösung für dieses Problem. Es beinhaltet ja zugleich das Umweltproblem überhaupt. Aber wir sollten bei aller Gegensätzlichkeit der Auffassungen, diesen Zusammenhang nicht vergessen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Dagegen sind unsere hausgemachten Probleme ein Klacks.
Rolf Körnig, Dipl.-Pol., Berlin 33
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