: Anschlag auf Gewerkschafter in San Salvador
Bombenterror als Reaktion auf FMLN-Offensive / Sieben Tote und über vierzig Verletzte bei Anschlag auf Gewerkschaftslokal und Büro der „Comadres“ / Opposition macht Regierung für das Blutbad verantwortlich / Gewerkschaftsvorsitzende Febe Velasquez unter den Opfern ■ Aus Managua Ralf Leonhard
Bombenterror, der am Dienstag bisher sieben Todesopfer und über vierzig Verletzte gefordert hat, ist die Antwort der rechtsextremen Arena-Regierung auf eine neue Offensive der salvadorianischen Befreiungsfront FMLN. Ziel der Anschläge sind die mit der Guerilla sympathisierenden Volksorganisationen in San Salvador. Prominentestes Opfer ist die Gewerkschaftschefin Febe Elisabeth Velasquez, die im Krankenhaus einer schweren Schädelverletzung erlag. Die FMLN hatte ihre Offensive am Montag mit einem Angriff auf den Sitz des Generalstabs begonnen.
Dienstag mittag detonierte vor dem Lokal des linken Gewerkschaftsbundes „Fenastras“ eine Dynamitladung, die das zweigeschossige Gebäude teilweise zum Einsturz brachte und mehrere Personen im Inneren buchstäblich in Fetzen riß. „Wir hörten eine gewaltige Explosion, dann füllte sich alles mit Rauch und Staub, und das Dach begann über uns zusammenzustürzen“, berichtete ein nordamerikanischer Journalist, der gerade im Oberstock ein Interview führte.
Fenastras-Generalsekretär Gerardo Diaz wurde schwer verletzt, die ehemalige Generalsekretärin Febe Velasquez erlitt so schwere Gehirnverletzungen, daß sie wenig später auf dem Operationstisch starb. Sie war Mitglied der kollektiven Führung des Gewerkschafts- und Volksorganisations-Dachverbandes UNTS, der im Vorjahr mit dem Bruno-Kreisky-Friedenspreis ausgezeichnet worden war. Das Fenastras-Büro liegt kaum zwei Blocks vom Sitz der Nationalpolizei entfernt und wird rund um die Uhr von Polizei und Militärs beobachtet. Man muß daher davon ausgehen, daß der Terrorakt von den Behörden angeordnet war.
Schon um zwei Uhr morgens desselben Tages war das Lokal der „Comadres“, eines Komitees von Angehörigen von Repressionsopfern, durch ein Bomenbenattentat zerstört worden. Vier Personen wurden dabei verletzt, darunter ein Säugling und die US-Amerikanerin Brenda Hubbard. Es war der dritte Anschlag gegen den Sitz der Organisation seit Beginn des Jahres.
„Jetzt legt die Regierung die Maske ab und zeigt ihr Frankensteingesicht, das sie immer gehabt hat“, kommentierte Guillermo Ungo, der Generalsekretär der sozialdemokratischen MNR. Er bezeichnete das Massaker als einen Akt des Staatsterrorismus gegen das salvadorianische Volk. Die Terroranschläge bewiesen, wie dringend die Vereinbarung eines Waffenstillstandes zwischen Regierung und FMLN sei: „Die Regierung muß ihre Attentate gegen die Menschenrechte einstellen.“ Präsident Cristiani verurteilte die Anschläge, stellte sie jedoch mit dem FMLN-Angriff vom Vortag auf eine Stufe. Nach einer ergebnislosen Verhandlungsrunde vor zwei Wochen in Costa Rica hat die Guerilla am 30.Oktober eine neue Offensive lanciert. Bei dem Anschlag auf den Sitz des Generalstabs am Montag waren ein Passant umgekommen und etwa 15 Soldaten verletzt worden.
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