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Der Kaiser ist nackt-betr.: "Alle Soldaten sind gemeint", taz vom 31.10.89

betr.: „Alle Soldaten sind gemeint“, taz vom 31.10.89

Die Bezeichnung „potentielle Mörder“ greift zu kurz. Soldaten sind vor allem auch potentielle Vergewaltiger. Sie sind potentielle Bombenleger, Brandstifter und Plünderer. Ihre Aufgabe ist es ja nicht nur, zu töten, sondern Häuser, Dörfer und ganze Städte in Brand zu stecken. Für jedes einzelne ihrer begangenen Verbrechen kämen sie jahrelang in den Knast, erteilte ihnen nicht der Staat dafür seine Absolution. Wer am meisten mordet und am besten zerstört, bekommt einen Orden. Jämmerliches Verrecken und bestialisches Umgebrachtwerden jedoch wird als Heldentod bezeichnet.

Es gibt schon einen Sinn, wenn ausgerechnet denjenigen Soldaten kein Denkmal gesetzt werden darf, die sich weigerten, zu morden. Denn wie die Drogen-Industrie von den Süchtigen, so lebt weltweit eine riesige Kriegs-Industrie vom Töten. Und wie die Drogen-Mafia Dealer und Süchtige braucht, so braucht die Rüstungs-Mafia Leute, die ihre Tötungsmaschinen und Mordwerkzeuge bedienen.

Jedoch ist es wie im Märchen mit des Kaisers neuen Kleidern: Der Kaiser ist nackt! Alle wissen es. Doch niemand darf es laut sagen. Deshalb reagiert sie jetzt so entsetzt, die Männerwelt, denn alle ihre Helden würde sie verlieren. Vom Massenmörder Alexander, der ganze Länder brandschatzte und den sie deshalb den Großen nennen, bis zu den neurose -geplagten Exemplaren der Neuzeit.

Alles tausend- und millionenfache Schlächter, diese angeblichen Helden der Männer-Geschichte. Und alles tausendfache Vergewaltiger. Und dies vor allem!

Sandra Holler, Hamburg 73

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