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Der Vatikan bricht sein Kondom-Tabu

■ Verhütungsmittel gegen Aids sind „nicht ausreichend, doch nützlich“ / Ansonsten skandalöser Kongreß der Kirche

Vatikanstadt (afp/taz) - Der Vatikan hat erstmals der Anwendung von Verhütungsmitteln zugestimmt. Auf der Aids -Konferenz in Vatikanstadt wurden Kondome von Vertretern der katholischen Kirche als „nicht ausreichend, doch nützlich“ bezeichnet. Zuvor hatte der französische Virologe Luc Montagnier ein eindrucksvolles Plädoyer für den Einsatz von Kondomen in der Aids-Prävention gehalten.

Zu einem Eklat kam es dann aus anderem Anlaß. Der aidskranke amerikanische Pfarrer John White hatte ein Plakat hochgehalten mit der Aufschrift „Die Kirche hat Aids“. Damit wollte er darauf hinweisen, daß auch eine Reihe von katholischen Geistlichen von der Krankheit betroffen sind. Der US-Priester wurde kurzerhand von Polzisten überwältigt und abgeführt. Ein anderer US-Priester, Robert Kunst, verteilte Flugblätter und kritisierte, daß die Aidskranken auf dem Kongreß nicht vertreten sind.

Der amerikanische Aids-Forscher Robert Gallo präsentiert sich auf der Konferenz als großer Optimist. Er sei sicher, daß bis 1991/92 ein Impfstoff gegen Aids entwickelt sei, auch wenn dieser vielleicht noch nicht in allen Fällen einsetzbar sein werde. „Schockiert“ äußerte sich Gallo über die Ausführungen seines Vorredners, des Erzbischofs von New York, Kardinal O'Connor. Dieser hatte unter Berufung auf „die Pflicht zur Wahrheit gegenüber den Kranken“ erklärt: „Die Wahrheit sind nicht die Präservative oder die sauberen Nadeln, sondern daß in absehbarer Zukunft die überwältigende Mehrheit der Aidskranken zum Tode verurteilt sind.“ Zugleich hatte O'Connor eine bessere psychische Betreuung der Aidskranken verlangt und eine „Medizin der Liebe“ gefordert.

Gallos Kollege Montagnier schlug eine Kampagne gegen „Promiskuität und sexuelles Vagabundentum“ vor. Gleichzeitig forderte er, die Aidskranken unter Respektierung der ethischen Regeln zu behandeln. „Es ist klar, daß wir bereits über Mittel verfügen, die versuchsweise eingesetzt werden könnten“, sagte er.

An dem Kongreß haben 1.400 Wissenschaftler, Bischöfe und Theologen aus 85 Ländern teilgenommen.

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