: Opposition will Wehretat abrüsten
■ Auch am zweiten Tag der Haushaltsdebatte ist Ost-West das beherrschende Thema / Opposition fordert Kürzungen beim Wehretat / Bundesfinanzminster sagt Berlin finanzielle Unterstützung zu
Berlin (ap/taz) - Bei den dreitägigen Haushaltsdebatten im Bundestag war auch die gestrige Aussprache über den Einzeletat des Finanzministers beherrscht vom Thema Ost -West. Die SPD beklagte, daß die Bundesregierung „den teuersten Verteidigungsetat vorgelegt habe, den es je gab“, während „überall in Europa die Weichen auf Abrüstung gestellt würden“. Auch angesichts der Tatsache, daß für militärische Zwecke 57mal soviel ausgegeben werden solle wie für den Umweltschutz, forderte die SPD-Abgeordnete Ingrid Matthäus-Maier, den Verteidigungsetat um 3,2 Milliarden Mark zu kürzen. Jedenfalls dürfe „für den Jäger 90 keine müde Mark“ ausgegeben werden. Ihr Parteikollege Helmut Wieczorek nannte es erschreckend, daß die Verpflichtungsermächtigungen für das nächste Jahrzehnt von Bestellungen für Waffen ausgingen, die wir nicht mehr brauchen werden.
Auch die Grünen forderten, beim Haushalt von Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg von fünf Milliarden Mark einzusparen, und den Betrag unverzüglich in einen Devisenfonds für die DDR einfließen zu lassen. Finanzminister Theo Waigel hielt dagegen, es sei ein schwerer Fehler, den Verteidigungshaushalt jetzt als „Steinbruch für andere Aufgaben“ zu betrachten. Der CDU -Abgeordnete Jochen Borchert meinte, daß auch der Verteidigungshaushalt in den Ausschußberatungen habe Federn lassen müssen. Bei Gesamteinsparungen in Höhe von 11,3 Milliarden Mark habe man diesen Einzeletat immerhin um 240 Millionen gekürzt (Stoltenberg bestreitet allerdings immerhin rund 17 Prozent des Gesamthaushaltes, allein eine proportionale Kürzung hätte mithin über 1,8 Milliarden Mark betragen).
Hinsichtlich des Streites um eventuelle Auflagen für eine finanzielle Unterstützung der DDR meinte der Bundesfinanzminister: „Wir wollen niemandem unsere Wirtschaftsordnung aufzwingen. Aber wir können nicht verantworten, Steuergelder auszugeben, ohne zu wissen, ob damit den Menschen in der DDR wirklich geholfen wird.“ Darüber hinaus kündigte er auch an, West-Berlin solle wegen seiner zusätzlichen Belastungen aus dem Zustrom von Aus- und Übersiedlern mehr Geld erhalten. Die SPD zog derweil einen Antrag zurück, die Bundesmittel für Berlin um 372 Millionen Mark aufzustocken. Dieser Beitrag sei nun nicht mehr realistisch.
Der stellvertretende Vorsitzende der FDP -Bundestagsfraktion, Wolfgang Weng, schloß sich in der Etatdebatte dem Vorschlag Waigels an, den Verkaufserlös der Salzgitter-AG (rund 2,5 Milliarden) in eine Stiftung einzubringen. Nach Ansicht Wengs sollte der Stiftungszweck allerdings Umwelt- und Mittelstandsförderung lauten.
ulk
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