: Masur beschwichtigt
■ Leipziger Kapellmeister warnt vor einer Überbewertung des Rechtsradikalismus / Nicht vorzeitig kriminalisieren
Mainz (dpa) - Der Leipziger Kapellmeister Professor Kurt Masur hat davor gewarnt, den Rechtsradikalismus in der DDR überzubewerten. In einem Interview des heute-journal vom Freitag sagte Masur zu den Aktivitäten der SED gegen eine rechtsradikale Gefahr: „Aber ich glaube, es ist genau eine so große Gefahr, das überzubewerten und ein neues Feindbild zu schaffen für eine Gruppe, die sich dann noch wichtiger genommen fühlt, als sie in Wirklichkeit vielleicht ist.“
Masur wies aber auch darauf hin, daß „das vorzeitige Kriminalisieren von politischen Richtungen“ auch „eine Möglichkeit sogar der Züchtung eines Neofaschismus“ ist. Masur führte die Reaktion der SED mit darauf zurück, daß bei alten Kommunisten „die Angst vor dem Faschismus immer noch sehr groß ist“.
Der Gewandhauskapellmeisterging auch auf Distanz zu der Absicht der SED, einen neuen Staatssicherheitsapparat einzurichten. „Daß die Menschen bei uns sich jetzt wieder freier fühlen, daß sie ehrlicher ihre Meinung sagen als früher, ist mit darauf zurückzuführen, daß jene Überwachungskräfte nicht mehr vorhanden sind“, sagte er.
Masur stimmte einer entsprechenden Frage des ZDF zu, wonach die SED einen psychologischen Vorteil gegenüber den neuen Gruppierungen besitzt, wenn sie einerseits die Gefahr eines Chaos heraufbeschwört und andererseits Stabilität garantiert. „Menschen, die so sehr an eine Ordnung von oben gewöhnt sind und an ein Befolgen von bestimmten Gesetzen, ... für die bedeutet schon Anarchie, daß eine Zeit lang manches nicht ganz so vorausschaubar weitergeht, wie das in der Vergangenheit war.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen