piwik no script img

Wallmanns Garten im Pflegenotstand

■ Hessens Ministerpräsident wegen kostenloser Gartenpflege im Kreuzfeuer der Kritik Staatssekretär weist Vorwurf des Griffs in die Staatskasse zurück / SPD-Fraktion fordert Prüfung

Frankfurt (taz/dpa/ap) - Das Frankfurter Garten- und Friedhofsamt hat neben seiner normalen Arbeit auch ein recht verschwiegenes Terrain gepflegt: den Privatgarten von Ministerpräsident Wallmann. Die vom 'Spiegel‘ berichteten Gratis-„Pflegearbeiten und Anpflanzungen“, die dem Steuerzahler allein 1988 rund 20.000 Mark kosteten, kamen einem Areal rund um Wallmanns Villa am Lerchesberg zugute, in das Außenstehende wenig Einblick hatten. Um so offener war jedoch in den vergangenen zwei Jahren der Einblick, den die Gerichte in die zweifelhaften einvernehmlichen Beziehungen Wallmanns zum pflegenden Garten- und Friedhofsamt hatten. Denn Gartenamtsleiter Weil, der als Günstling des damaligen Frankfurter Oberbürgermeisters Wallmanns galt, war den Gerichten bestens bekannt. Er ist inzwischen wegen Bestechlichkeit zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Wallmanns Staatssekretär Gauland nahm jetzt zu den Berichten über die private Gartenpflege Stellung: Der Garten des Ministerpräsidenten habe immer auch Repräsentationszwecken gedient. Wallmann habe in seinen Ämtern stets auf die ihm zustehenden Dienstvillen verzichtet und dadurch schließlich kostensenkend gewirkt. Nur deshalb sei im Kabinett Ende 1988 ein entsprechender Antrag Wallmanns positiv entschieden worden. Wallmann habe außerdem, da er den Garten eben auch privat nutze, immer einen Eigenanteil gezahlt. Der 'Spiegel‘ -Bericht sei „dummes Zeug“. Damit solle versucht werden, „einen Politiker mit Dreck zu bewerfen, der politisch unangreifbar“ sei.

Der Vorsitzende der hessischen SPD-Fraktion Ernst Welteke forderte, der Landesrechnungshof müsse nun den Fall prüfen. „Der ungenierte und selbstverständliche Griff in die Staatskasse“ sei jedenfalls „einmalig“. Wallmann steht derzeit auch im Kreuzfeuer der Kritik, weil staatsanwaltschaftliche Ermittlungen darauf hindeuten, daß er von einem Grundstücks-Deal der Stadt Frankfurt während seiner Amtszeit mit stadtbekannten Bordellbesitzern, Zuhältern und Drogenhändlern gewußt haben könnte.

Der derzeitige Oberbürgermeister Volker Hauff (SPD) legte jedenfalls Ende vergangener Woche auf einer Pressekonferenz ein Schriftstück vor, das 1984 von Wallmann abgezeichnet worden war. Darin übersandte der Polizeipräsident den Bericht einer israelischen Zeitung, der über die dunklen Geschäfte der Brüder Beker im Frankfurter Bahnhofsviertel informierte, „zur Kenntnisnahme“. Die Grundstücksgeschäfte kamen dann 1986 unter Dach und Fach.

hei

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen