REPs im Angriff für „Gesamtdeutschland“

Die „Republikaner“ befürchten „Verlust der Meinungsführerschaft in der deutschen Frage“ / Großdeutschland mit „Reichstag“ und „Reichskanzler“ anvisiert / DDR-Mehrheit nicht entscheidend / Mit der Ausländerfeindlichkeit auch in der DDR zum Erfolgs-Wahlkampf  ■  Aus Rosenheim Bernd Siegler

„Wir lassen uns die Meinungsführerschaft in der deutschen Frage nicht nehmen“, appelliert die stellvertretende Bundesvorsitzende der „Republikaner“ Johanna Grund an die Delegierten. Sie spricht damit das Hauptproblem der rechtsextremen Partei an: Angesichts des allgemeinen nationalen Taumels laufen die REPs Gefahr, daß sie bei ihrem Stammthema „Wiedervereinigung“ von der CDU/CSU über die SPD bis hin zu Teilen der Grünen in den Hintergrund gedrängt werden.

Deutschland-Wimpel auf den Tischen, das Podiumstransparent „Deutschland einig Vaterland“ und die zum Verkauf angebotene Landkarte über die landwirtschaftliche Leistung „unserer Ostgebiete in den Jahren 1935 bis 1939“ sollen diesen Alleinvertretungsanspruch unterstreichen. „Wir sind das Original, die anderen sind die Kopie“, gibt REP-Chef Schönhuber in der faschingsgeschmückten Inntalhalle die Devise für die anstehenden Wahlkämpfe aus.

Zu diesem Zweck soll das neue Programm ergänzt werden durch ein Deutschland-Konzept, in dem sich die REPs von den „Altparteien“ unterscheiden wollen. Dazu liegen sowohl ein Konzept von Johanna Grund - die sogenannte „Rosenheimer Erklärung“ - als auch ein „Deutschland-Konzept 90“ von Rolf Schlierer vor, der erst kürzlich als Kuratoriumsmitglied des rechtskonservativen Studienzentrums Weikersheim geschaßt wurde. Ziel ist bei beiden letztendlich ein bewaffnetes neutrales Gesamtdeutschland über den Zwischenschritt einer Konföderation. Deutlich antiwestliche Töne tauchen in dem im moderaten Ton gehaltenen „Deutschland-Konzept 90“ nicht auf, sie sind jedoch weiterhin Bestandteil der Agitation, schließlich gilt es in dem Bestreben, salonfähig zu werden, neu-rechtes Wählerklientel nicht zu verprellen.

So betont Schönhuber, daß die REPs „sowohl den sowjetischen Einheitsstaat, aber auch den american way of life“ ablehnen. „Warum dürfen wir Deutschen nicht sagen: Besatzer raus“, fordert Schönhuber unter euphorischem Beifall der Delegierten und wettert gegen die „roten und amerikanischen Beschützer“. Steht das Programm immer unter Schönhubers Devise, nach außen hin gängige „Vorwürfe gegen die REPs zu entkräften“, wird in den Deutschland-Konzepten Klartext gesprochen. Im Gesamtdeutschland wird es dann einen „deutschen Reichstag“, einen „Reichspräsidenten“ und eine „Reichsregierung“ unter Führung eines „Reichskanzlers“ geben. Diese Regierung soll dann den Zweiten Weltkrieg „endgültig beenden“ mit einer „entsprechenden Amnestierung des Besiegten“ und einer Grenzregelung „auf der Grundlage des Völkerrechts“.

Johanna Grund spitzt es in ihrer „Rosenheimer Erklärung“ noch dahingehend zu, daß die „ostdeutschen Provinzen Schlesien, Pommern, West- und Ostpreußen“ aus den Staatsgebieten Polens und der Sowjetunion herausgelöst werden, „in den deutschen Staatsverband zurückkehren“ und einen „Autonomiestatus“ besitzen sollen. Deutsche müssen sich dann dort wieder ansiedeln. Den dort „geborenen und ansässigen Polen und Russen“ gestehen die REPs zumindest noch einen Minderheitenschutz zu. Eine Verabschiedung ihrer Erklärung wäre für Grund „eine Sternstunde deutscher Politik“.

Ihrem Bestreben zur „Herstellung eines Gesamtdeutschlands“ wollen sich die REPs von einer möglicherweise negativen Stimmenmehrheit in der DDR nicht aufhalten lassen. „Ein Selbstbestimmungsrecht der Deutschen in der DDR über die staatliche Einheit unseres gesamten Volkes gibt es nicht.“ Die Mehrheit aller Deutschen soll über die Wiedervereinigung entscheiden, die 65 Millionen der BRD gegenüber den 17 Millionen in DDR werden's schon richten.

Um sich ihre Glaubwürdigkeit als „gesamtdeutsche“ Partei zu bewahren, wollen die REPs in die DDR expandieren; Kontakte nach Rumänien und in die CSSR sind bereits geknüpft. Als Kronzeuge hierfür wird der Maschinenbauschlosser Hans-Rudolf Gutbrodt aus Parchim auf das Podium gehievt. Harald Neubauer, bayerischer Landesvorsitzender, stellt den Mann als „Repräsentant der Partei in Mitteldeutschland“ vor. Einen Tag zuvor war Gutbrodt von der 'Bild'-Zeitung als „Stasi-Oberst und Triebtäter“ bezeichnet worden. Der von Gutbrodt vorgelegten eidesstattlichen Versicherung scheinen die REPs jedoch selbst nicht so recht zu trauen. „Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wird er nicht mehr für die Partei sprechen können“, betont Neubauer. Als sich daraufhin die Medien auf den DDR-Vorkämpfer stürzen, gerät der Parteitag fast völlig aus den Fugen.

Interviews im Mittelgang stören nach Schönhubers Meinung den Ablauf der Programmdiskussion derart, daß er den autoritären Charakter seiner Partei und seiner Person offenbart. „Wir lassen uns den Parteitag nicht von den Medien kaputtmachen“, tönt er. Ordner scheuchen die Fotografen weg, der REP-Vorsitzende verbietet alle Interviews mit Gutbrodt. Dabei beruft er sich auf sein Hausrecht. „Ich warne Sie jetzt zum dritten Mal, sonst werden unsere Ordner in Aktion treten.“ Die Presse habe sich schließlich „den Gegebenheiten der Partei unterzuordnen“.

Gutbrodt selbst gibt sich siegessicher, was den Feldzug der REPs in „Mitteldeutschland“ anbelangt, vermeidet jedoch alle konkreten Angaben über bereits bestehende Parteistrukturen in der DDR. Ende Januar werde sich ein Landesverband Mecklenburg gründen, Mitte Februar soll die Partei dann in der ganzen DDR vertreten sein. Auf „20 bis 30 Prozent“ schätzt Gutbrodt den Wähleranteil der REPs in der DDR Neubauer ist dies noch zu wenig. Die REPs werden „stärkste Partei“ bei den „antikommunistisch sensibilisierten Mitteldeutschen“. Karl Richter, Pressesprecher der REPs, bilanziert die bisherigen Aktionen in der DDR, die zum Teil zusammen mit Mitglieder der „Front National“ durchgeführt worden sind, als großen Erfolg. In Leipzig gebe es demnach „nur mehr Befürworter des sofortigen Zusammenschlusses beider deutschen Staaten, Gegner werden nicht geduldet“. Für Richter ist die „Stunde der Republikaner“ gekommen. Ab sofort müsse „der Einsatz in Mitteldeutschland bis an die Grenzen des uns Möglichen gesteigert werden“.

Dabei setzen die REPs in Ost und West auf die „Ausländerthematik“, denn auch die Bevölkerung in der DDR „lehne den Import von Asiaten und Afrikanern als Arbeitskräfte ab“. Mit dieser Marschroute will Parteichef -Schönhuber gleich die „ganzen Blockparteien hinwegblasen“. Rosenheim als „Hauptstadt der Bewegung“ soll dazu eine „weitere Etappe zum Sieg“ sein, denn die Devise laute von nun an „Angriff und nochmal Angriff“.