: Schwarze Aufklärung
■ Die Reggae-Dancehall-Night im Modernes bot Riddims und Agitation
Seit Bob Marley und den Wailers hat sich Reggae in der populären Musik etabliert. Die karibischen Immigranten in England haben seit Marleys Durchbruch in der internationalen Musikszene ihre eigenen musikalischen Wege entwickelt. Neben der Kommerzialisierung im Dancefloor- oder Lovers Rock, mit der die Entpolitisierung und Trivialisierung der ursprünglichen Reggae-Botschaft einherging, hat sich in den schwarzen Ghettos der britischen Industriestädte auch eine an den Roots orientierte Stilrichtung weiterentwickelt, die die sozialen und kulturellen Traditionen des Reggae hochhält, bei Erweiterung der musikalischen Momente: Roots and Culture.
Das Programm von Macka B und Mad Professor und den Robotiks machte dies exemplarisch hörbar. Die im Reggae dominierenden Basslinien wurden von Mad Professor, der als einer der innovativsten Soundmixer der britischen Reggae-Szene gilt, mit vom Mischpult her eingestreuten Hall-, Echo- und verschiedensten Dub-Elementen angereichert. Dadurch wird die reggae-typische, schleppende Monotonie des Grundrhythmus einerseits akzentuiert, andrerseits in bestimmten Punkten auch aufgehoben.
Vor diesem Soundgeflecht tat Macka B - nach einem nur kurzen Auftritt von Kofi, die wegen einer Erkältung Probleme mit ihrer Stimme hatte - in freundlich aufklärendem Ton seine Meinung zu den verschiedensten Problemen der Welt und der schwarzen Community in England kund. Das ging von Arbeitslosigkeit über Polizeibrutalität zum Ozonloch. Er warnte vor Kokain ebenso wie vor Autofahren nach Alkoholgenuß, zog über die schwarze Variante des Yuppies, den Buppie, her. Agitierte gegen die, dem Rassismus geschuldete, Neigung vieler Schwarzer beiderlei Geschlechts, ihr natürliches Kraushaar durch chemische Mittel zu glätten. Und immer wieder Stellungnahmen gegen das Apartheidregime, für die Freilassung Nelson Mandelas und gegen Rassismus, für das
gleichberechtigte Zusammen leben der Menschen, unabhängig von ihrer Hautfarbe. Dazwischen sympathische Seitenhiebe gegen Michael Jackson, als der Inkarnation des eingeweißten Schwarzen, einem heutigen Onkel Tom. Erstaunlich, wieviel Zustimmung und Aufnahmebereitschaft beim Publikum für seinen (früher hätte man das) Agitprop (genannt) fand - es war ehrenwert, aber doch recht plakativ. Das Modernes war gut besucht, wenn auch keineswegs überfüllt. Es ist kaum vorstellbar, daß die Anwesenden derartige Botschaften auch von einer deutschen Gruppe und gar noch in deutscher Sprache so angenommen hätten, (was ja nicht gegen die Aussagen Macka B's sprechen muß). Das Publikum war so begeistert, daß es dem sympathischen Aufklärer gleich zwei Zugaben abverlangte. Montezuma Schmidt
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