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In Religion gut

■ Thomas Lehnerer im Oldenburger Kunstverein

Ein Münchner U-Bahnschacht: Im Scheinwerferlicht strahlt eine goldene Stadtsilhouette. Mit Blick durch ein bereitgestelltes Fernrohr schlägt die schimmernde Aura der „Stadt aus Gold“ um in die schnöde Realität Degussa -gestempelter Goldbarren.

Einen ähnlichen Zugriff auf christliche Ikonographie - hier ein Bezug zum Johannes-Evangelium - fand der Münchner Künstler Thomas Lehnerer (35) auch, als er 1200 Spielwürfel auf dem Fußboden durch eine kleine bronzene Franziskusfigur ergänzte, und erst ihr Schatten an der Wand die Komposition zu deutlichen Formen einer Stadtansicht am Horizont verschmolz. Lehnerers klares ikonographisches Raster und seine Mittel der Abdunkelung eines Raumes, in dem inszenierte Details durch Scheinwerfer hervorgehoben und sogleich als Schatten in eine andere Bild-und Realitätsebene transformiert werden, haben den Künstler bekannt gemacht.

Der Satz des Malers Werner Büttner: „Wir haben Grund zu der Annahme, daß alle Avantgardisten im Kopfrechnen schwach, im Religion dagegen sehr gut hatten,“ scheint wie auf ihn gemünzt zu sein. Kunst ist Glaubenssache - für ihn die des Glaubens an notwendige Schönheit. Er studierte Philosophie und Theologie. Damit gehört er zu der noch all zu seltenen Spezies intellektueller

Künstler, die sich nicht in den Schlingen ihrer gequälten Rationalität verfangen wollten.

„Methoden“ heißt seine jetzige Ausstellung im Oldenburger Kunstverein. Er definiert diese als „Denken in der Kunst“. Gerade dieses Denken und sein theoretisches und historisches Wissen um die Kunst, befähigen ihn zu bewußter Subjektivität und Regression.

Kleinstformatige Bronzen, meist primitiv in der Hand geknetete menschliche Figuren, werden konfrontiert mit einem Sammelsurium winziger, an die Wand gehefteter Bilder, mal informell, mal figürliche „Skizze“. Alle Bezüge bleiben dabei rätselhaft intuitiv.

Doch bei aller Archaik bestimmt er den Unterschied seines bildnerischen Schaffens als Tun eines Künstlers. Denn dieses zeichnet sich primär nicht durch technische Perfektion, sondern durch das Wissen um die Kunst aus. Und durch die gestalterische Reflektion der Kunst selbst. So wird auch das Auftauchen von Fundstücken zwischen den Bronzen klar. Ob Maschinenteil oder afrikanische Holzfigur; erkennt Lehnerer in einer Sache eine stimmige Durchformung, das heißt Schönheit, ist sie es wert, ebenbürtig in seine Glaubensgemeinschaft aufgenommen zu werden. (Bis 18 .2., Di. bis Fr. 14 bis 18 Uhr, So. 10 bis 13 Uhr) Achim Könnek

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