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Mobilmachung gegen irische Homosexuelle

Erzreaktionäre Katholiken wollen eine Legalisierung der Homosexualität verfassungsrechtlich bekämpfen / Nach einem Gesetz von 1861 gelten Schwule in Irland noch immer als Kapitalverbrecher / Erzbischof Connell aus Dublin bleibt stur: „Homosexualität ist eine Krankheit“  ■  Aus Dublin Ralf Sotscheck

Homosexuelle Iren sollen weiterhin strafrechtlich verfolgt werden. Das forderte die erzreaktionäre katholische Organisation „Family Solidarity“ am Wochenende in Dublin. Ihr Vorsitzender Des McDonald sagte, seine Organisation wolle die Legalisierung der Homosexualität mit Hilfe des Verfassungsgerichts bekämpfen und notfalls eine Volksabstimmung erzwingen. Bereits 1986 ist es Family Solidarity durch eine massive Propagandakampagne gelungen, per Referendum die Einführung von Ehescheidungen in Irland zu verhindern. Homosexualität gilt nach einem irischen Gesetz von 1861 als Kapitalverbrechen und wiegt genauso schwer wie Mord und Vergewaltigung.

Zwar hat die irische Regierung den Minderheitenschutz auf Homosexuelle erweitert und ein Diskriminierungsverbot erlassen, doch wurden 1988 insgesamt 23 Iren wegen „unnatürlicher Vergehen“ angeklagt. Neun von ihnen sind verurteilt worden. Das höchste irische Gericht lehnte 1983 die Legalisierung der Homosexualität ab, weil sie „von der christlichen Lehre als moralisch falsch verurteilt und von der Gesellschaft seit Jahrhunderten als Vergehen gegen die Natur eingestuft“ würde. Gegen dieses Urteil klagte Senator David Norris vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg und erhielt vor 15 Monaten schließlich Recht. Die Regierung ist bis heute jedoch nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen, das Gesetz von 1861 abzuschaffen.

Die Möglichkeit, daß sich Family Solidarity bei einem Volksentscheid erneut durchsetzt, ist durchaus nicht gering: Zwar plädierten bei einer landesweiten Meinungsumfrage zwei Drittel der Befragten für die Legalisierung der Homosexualität, doch genauso viele gaben an, daß sie ihre Söhne lieber in der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) als im Bett mit einem anderen Mann sehen würden. Darüber hinaus kann Family Solidarity im Falle eines Referendums mit großzügiger finanzieller Unterstützung ihrer Kampagne durch die katholische Kirche rechnen. Der Dubliner Erzbischof Desmond Connell bezeichnete Homosexualität in der vergangenen Woche als Krankheit und behauptete, daß ihre Darstellung als „alternativer Lebensstil“ viele junge Menschen erst in die Homosexualität treiben würde. Die katholische Kirche unterscheidet zwischen „heilbarer“ und „angeborener“ Homosexualität. Deshalb bedürfen „Personen mit diesen Tendenzen der mitfühlenden und geduldigen pastoralen Obhut“. David Norris‘ Kommentar dazu lautete: „Der Erzbischof mag eine Menge über Engel wissen, aber von Feen hat er nicht die leiseste Ahnung.“ Im Englischen werden Homosexuelle „Feen“ genannt.

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