: Kein Geld für sechs Minuten
■ Innensenator Pätzold will die bezahlte Beamtenpause ab 1. April streichen
Die Belastung der Beamten im öffentlichen Dienst ist Legende, arbeitet doch, wie jeder Bürger sich immer wieder überzeugen kann, keine Berufsgruppe so angespannt wie die Staatsdiener. Den Berliner Beamten wird es nach einem Senatsbeschluß besonders schlecht gehen, müssen sie doch auf eine liebgewordene Angewohnheit verzichten, die für ihre KollegInnen in anderen Bundesländern längst Geschichte ist: Ab 1. April wird ihnen der sogenannte Pausenausgleich gestrichen, das sind immerhin sechs Minuten weniger Arbeitszeit pro Tag oder dreißig Minuten in der Woche. Bemerkbar macht sich dieser Verlust allerdings nur auf dem Papier, die Proteste seitens der Beamtenschaft sind dem Senat aber allemal sicher.
Die Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten (AZVO) sieht vor, daß ein Beamter derzeit nach Tarifvertrag 39 Stunden in der Woche an seinem Schreibtisch verbringen muß. In Berlin tummelte er sich aber tatsächlich nur 38,5 Stunden im Amt, denn der Pausenausgleich reduzierte die Arbeitszeit täglich um sechs Minuten. Die Berliner Beamtenschaft war in dieser Hinsicht privilegiert, genoß sie doch als einzige in der Bundesrepublik noch die Vergünstigung, die in allen anderen Bundesländern längst abgeschafft worden war. De facto war für die Berliner Beamtenschaft die 38,5-Stunden -Woche damit bereits zu einem Zeitpunkt verwirklicht, als sie tarifvertraglich noch gar nicht eingeführt war.
Da besagtes Zeitmaß ab 1. April in allen Bundesländern tariflich verbindlich ist, würde bei Beibehaltung des Pausenausgleichs die Arbeitszeit der Berliner wieder um eine halbe Stunde auf 38 sinken. Und da macht der Senat nicht mehr mit: In Anbetracht der angespannten Haushaltslage sei es unmöglich, argumentierte gestern Innensenator Pätzold, den etwa 200.000 Beschäftigten in der Berliner Verwaltung dieses Privileg weiterhin zukommen zu lassen. Um die Arbeitszeitverkürzung auszugleichen, müßten insgesamt 600 neue Stellen geschaffen werden, und die kann sich das Land Berlin nicht leisten. Der Pausenausgleich wird also gestrichen, und für die Beamten bleibt alles beim alten.
Kd
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