: Anti-Atom-Plaketten für Lehrer politisch unmäßig
■ Nach 13jährigem Rechtsstreit verbietet das Bundesverwaltungsgericht Polit-Plaketten in der Schule
Berlin (dpa) - Beamtete Lehrer dürfen im Unterricht keine Plaketten mit politischem Inhalt tragen. Das Bundesverwaltungsgericht in Berlin bestätigte am Donnerstag nach 13jährigem Rechtsstreit das an einen Haupt- und Realschullehrer ausgesprochene Verbot der Hamburger Schulbehörden, mit einer Anti-Atomkraft-Plakette an der Kleidung seine Schüler zu unterrichten (Az.: 2 C 50.88).
Wie der Vorsitzende Richter des 2. Senats Paul Schwarz in der Urteilsbegründung sagte, verstößt das Tragen der Plakette gegen die politische Mäßigungspflicht der Beamten. Der 41jährige Kläger schloß eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil nicht aus. Bereits 1982 hatte das Bundesarbeitsgericht in Kassel ein entsprechendes Verbot gegenüber angestellten Lehrern für rechtmäßig erklärt.
Die politische Mäßigungspflicht, so Schwarz, betreffe auch die politische Meinungsäußerung während des Dienstes, zu der auch das Plakettentragen im Unterricht gehöre. Das Mäßigungsgebot finde für den Lehrer seine Inhaltsbestimmung in dem durch Gesetz festgelegten Erziehungsauftrag der Schule und in dem Elternrecht.
Diese Erziehungsziele verlangten „vom Lehrer gerade bei politischen Streitfragen Objektivität, Behutsamkeit und Ausgewogenheit“. „Wenn ein Lehrer seine eigene politische Meinung plakativ wie durch das Tragen einer Plakette betont herausstellt“, dränge er Schüler dadurch unreflektiv zu seiner Ansicht, sagte der Vorsitzende Richter.
Demgegenüber hatte der Kläger, der 1988 vor dem Hamburger Oberverwaltungsgericht noch teilweise gewonnen hatte, in der mündlichen Verhandlung erklärt, daß Kinder und Jugendliche heutzutage kaum derartig offen geäußerte Meinungen eines Lehrers automatisch übernehmen würden. Viel gefährlicher seien die versteckten Beeinflussungsversuche der Schüler. Seinen Schülern gegenüber könne er ja im übrigen kaum erklären, warum er in der Freizeit eine Plakette tragen dürfe, auf dem Schulgelände jedoch nicht, sagte der Pädagoge.
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