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Nach dem Mobilfunk vergibt die Post weitere Lizenzen

Wenig Konkurrenz zwischen Mannesmann und Telekom / Wer den Mobilfunk-Zuschlag nicht erhalten hat, darf sich um Bündelfunk, Piepdienste und Telepoint bemühen  ■  Von Horst Buchwald

„D-1 gegen D-2“ oder „Bundespost gegen Mannesmann“ - das Match um den Mobilfunk wird offensichtlich ein Freundschaftsspiel. Auf der Fachmesse Online'90 in Hamburg machten zwei Mobilfunk-Manager in der letzten Woche bei der Vorstellung ihrer Strategien und Planungen nämlich allzu eindeutig auf Harmonie.

Bei Roland Mahler von der Bundespost hörte sich das so an: „Aus vielen Umfragen wissen wir, daß die Post als solide, berechenbar, zukunftsorientiert und bei den Standarddiensten auch als sehr leistungsfähig eingeschätzt wird. Was noch fehlt, sind die flankierenden Angebote, das Eingehen auf Forderungen kleiner Kundensegmente oder die flexible Konditionengestaltung.“ Harald Stöber, Marketing -Geschäftsführer von Mannesmann Mobilfunk, über die Unternehmensphilosophie: „Wir wollen ein Dienstleistungsunternehmen im wahrsten Sinne sein, das heißt Dienst am Kunden und Leistung.“ Von Vorteilen gegenüber dem jeweiligen Konkurrenten, und wie sie ausgebaut werden sollen, redeten beide Manager nicht.

Das führte Jürgen Schulte Hillen, den Inhaber der Beraterfirma Scientific Consulting, zu der Frage: „Wo fliegen die Brocken?“ Die Antwort des Mannes-Manns Stöber blieb unbestimmt, und auch Postler Mahler schwieg sich aus. Der Markt ist offensichtlich schon aufgeteilt - und jeder Anbieter erhält 50 Prozent. Mannesmann-Vorstandschef Werner Dieter hatte dies bereits kurz nach Erhalt der Lizenz indirekt angedeutet: Sein Unternehmen werde der Deutschen Bundespost Telekom „ein freundschaftlicher und fairer Wettbewerber sein.“

Warum auch sollte die Jagd aufeinander eröffnet werden? Die Lizenz für den Mobilfunk wird von so manchem Kenner dieses Metiers gleichgesetzt mit der Lizenz, Geld drucken zu dürfen. Das läßt sich sogar ziemlich einfach kalkulieren: Bis zum Jahr 2000 wird mit mindestens zwei Millionen Mobilfunkkunden in der Bundesrepublik gerechnet. Diesen Kuchen werden sich D-1 und D-2 brüderlich teilen. Aus Untersuchungen in den USA, Großbritannien und Skandinavien geht hervor, daß im Schnitt für 250 DM telefoniert wird - im Monat. Allein an Gesprächsgebühren werden die beiden Netzbetreiber also je 250.000 DM monatlich kassieren - in einem Jahr drei Milliarden DM.

Und noch weitere Quellen öffnen sich: Einnahmen aus der Grundgebühr und dem Verkauf von Telefonen und Nebenapparaten kommen hinzu. Beziffert werden kann das noch nicht, aber spätestens nach der Jahrtausendwende werden Bundespost und Mannesmann von einem der dynamischsten Wachstumsmärkte erheblich profitieren. Eine echte Konkurrenz wird es wohl erst dann geben, wenn weitere Betreiber zugelassen werden. Bundespostminister Christian Schwarz-Schilling schloß das nicht aus, doch auf mehr als das Wörtchen „später“ ließ er sich nicht ein.

Nicht hier, sondern in den übrigen Bereichen des Mobilfunks wird eine Schlammschlacht ausgetragen. Schon kurz nachdem die Mannesmänner die D-2-Lizenz erhalten hatten, versprach der Minister den Verlierern der Ausschreibung: „Diejenigen Konsortien, die jetzt nicht zum Zuge kommen konnten, haben bei weiteren Lizenzvergaben natürlich eine Chance.“ Angekündigt wurde eine internationale Ausschreibung für Bündelfunknetze, etwa für Taxizentralen oder Großbetriebe. Bis Mitte 1990 sollen mehrere Bündelfunklizenzen für die Bundesrepublik erteilt werden. Ähnliches kündigte er für die Funkrufnetze - also Cityruf und Eurosignal - an. Im Herbst 1990 schließlich sollen Lizenzen für Telepoint an Private erteilt werden.

Betriebsfunk beruht derzeit in der Bundesrepublik auf 700.000 Funkstationen, verteilt auf rund 100.000 privat betriebenen Einzelnetze. Technische Einrichtungen und Endgeräte werden privat beschafft - die Bundespost übernimmt die Rolle einer Regulierungsbehörde über technische und genehmigungsrechtliche Vorschriften. Die Schwachstellen dieses Funks sind bekannt: eingeschränkte Reichweite, Chaos und Gedränge auf den Frequenzen sowie Mithörmöglichkeit durch die Konkurrenz.

Durch Bündelfunknetze will die DBP Telekom sich nun einen neuen Markt erschließen und gleichzeitig alte Mängel beseitigen. Diese neue Technologie bedeutet, daß einer Anzahl von Nutzern ein Bündel von Kommunikationskanälen zur Verfügung steht, aus denen sie je nach Bedarf auswählen können. Weiterhin soll dieser Funk gleich ganze Wirtschaftsregionen abdecken.

Schon in den kommenden Wochen wird die DBP Telekom in fünf Pilotnetzen intensiv um Kunden werben. Da die Linzensierungsbedingungen für private Anbieter noch erarbeitet werden, verschafft sich die Posttochter einen nicht unwichtigen zeitlichen Vorsprung. Während „Chekker“ so der Name des öffentlichen regionalen Bundesfunkdienstes schon anläuft, sollen sich die Privaten erst einmal um die Lizenz balgen. Bei bundesweit 50 zu versorgenden Wirtschaftsregionen mit bis zu 15.000 Kundenfunkstellen pro Netz dürfte jedoch auch für sie noch einiges abfallen.

Keineswegs kleiner ist der Markt für den Cityruf. Mit diesen etwa zigarettenschachtelgroßen „Piepsern“ ist der gezielte Personenruf möglich. Die Zahl der Teilnehmer in der Bundesrepublik wird von jetzt 210.000 auf schätzungsweise 630.000 im Jahr 1995 steigen. Für Europa wird erwartet, daß sich die Zahl der Nutzer zugleich von 1,8 auf sieben Millionen erhöht.

Der Telepoint-Markt steckt noch in den Kinderschuhen. Allein in Großbritannien werden aber zwischen 1,5 und 2,5 Millionen TeilnehmerInnen bis 1995 erwartet, die sich mit einem taschenrechnergroßen Gerät über Funkrichtnetze in das Telefonnetz einwählen können - auch vom Kirschbaum aus. Nachteilig ist allerdings die Einwegkommunikation: Nur abgehende Sprache wird übertragen.

Der europäische Mobilfunkmarkt - in dem der bundesdeutsche als das Filetstück gilt - wird zweifellos auch die starken Konkurrenten aus den USA, Japan und Südostasien anlocken. Bis zum Ende diese Jahres soll der Markt gemäß EG-Beschluß vollkommen liberalisiert sein. Wie in Großbritannien und den USA bereits sichtbar, werden die Endgerätepreise drastisch fallen, und die außereuropäischen Mobilfunk-Unternehmen werden ihre Kostenvorteile und Erfahrungen mit der Massenproduktion voll ausspielen. Angesichts der zu erwartenden Turbulenzen auf diesem Markt empfahl Bosch -Produktbereichsleiter Weiffenbach vor allem den mittelständischen Herstellern der inskünftig benötigten Gerätschaften, sie müßten schon jetzt festlegen, welche Rolle sie gegen die Konkurrenz aus den USA, Japan und den anderen südostasiatischen Ländern spielen wollen: In zwei Jahren sei der Zug abgefahren.

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