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Gewalt gegen Kinder-betr.: "Das 'kleine Geheimnis' der Väter", taz vom 3.2.90, Leserbrief dazu, taz vom 9.2.90

betr.: „Das 'kleine Geheimnis‘ der Väter“, taz vom 3.2.90, Leserbrief dazu von Burkhard Kohl, taz vom 9.2.90

Es entspricht nicht „der klassisch-feministischen Sicht“, sondern der gesellschaftlichen Realität, daß die Opfer sexueller Gewalt in den meisten Fällen weiblichen und die Täter männlichen Geschlechts sind. Das belegen die Zahlen in dem Artikel hinreichend.

Einengend ist die Sicht von Burkhard Kohl, wenn er sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen auf die Vermutung reduziert, daß „kein Mensch, der als Kind nicht gleiches erlitten hat, sein Trauma auf diese Weise ausagieren muß“. Das dies ein Gesichtspunkt sein kann, ist unbestritten. Aber er erklärt nicht

-warum sind es zu 98 Prozent Männer, die sexuelle Gewalt ausüben, wenn doch „nur“ zehn Prozent männliche Kinder von sexueller Gewalt betroffen sind, und

-warum „nur“ zwei Prozent Frauen sexuelle Gewalt ausüben, wenn sie doch zu 90 Prozent als weibliche Kinder davon betroffen sind.

Sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist Ausdruck der strukturellen Gewalt, der sie in dieser patriarchalen Gesellschaft unterworfen sind. Das äußert sich zum Beispiel darin, daß die Werbung Männern vermittelt: daß Frauen Sexualobjekte sind, bei denen nur zugegriffen werden muß; daß die gängige Meinung bei einer Vergewaltigung die ist, daß die Frau es doch eigentlich selbst gewollt hat oder selbst daran Schuld ist (weil sie sich „aufreizend“ angezogen hat, zum Beispiel); daß die Justiz Mädchen und Frauen, die sexuelle Gewalt und/oder eine Vergewaltigung zur Anzeige bringen, nicht glaubt und Prozesse zu einem Tribunal gegen die Mädchen und Frauen werden läßt.

Vor diesem Hintergrund lassen sich die Zahlen eher erklären.

Wichtig ist es, daß frauenfeindliche Umfeld zu verändern, eingefahrene Sichtweisen aufzubrechen. Ein Schritt auf diesem Weg ist es, nicht mehr von „sexueller Gewalt gegen Kinder“ zu sprechen, sondern deutlich zu benennen, daß es in fast allen Fällen Männer sind, die Mädchen und Frauen (seltener Jungen) sexuelle Gewalt antun.

Geli Bodein, Eberdingen

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