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Klöckner macht staubfreie Luft

■ Investitionen von 8 Mio Mark um ein Drittel geringer als bei herkömmlichen Entstaubungsanlagen

2.440 Tonnen eisenoxidhaltigen Staub bliesen die beiden Hochöfen der Klöcknerwerke bisher pro Jahr in die Luft. Immer dann, wenn aus einem Ofen durch das Stichloch flüssiges Roheisen abgelassen wurde, reagierte die glühende Masse bereits in der Ablaufrinne mit der Luft. Braunroter Staub stieg dann in dichten Fahnen auf und belastete die Gesundheit der ArbeiterInnen und die Umwelt. Besonders intensiv staubte es, wenn das flüssige Metall aus der Ablaufrinne mehrere Meter tief im freien Fall in die Auffangwannen, die sogenannten Torpedomischer, donnerte.

Damit ist jetzt weitgehend Schluß. In einem neuartigen Verfahren wollen die Klöcknerwerke die Staubemissionen von 4.000 Kilogramm pro Tag (an Hochofen II) auf 100 Kilogramm senken. Bei diesem Verfahren wird das flüssige Metall abgedeckt und mit einer Stickstoffhülle ummantelt. Stickstoff ist ein träge reagierendes, ein „inertes“ Gas. So wird eine chemische Reaktion verhindert und die belastende Eisenoxidquelle trocken gelegt.

Herkömmliche Entstaubungs anlagen saugen mit viel elektrischer Energie (1.400 KW) den anfallenden Staub auf und filtern ihn. Der muß dann fachgerecht entsorgt werden, was zusätzliche Kosten verursacht. Durch den starken Sog wird vermehrt Sauerstoff aus der Luft an das glühende, 1500 Grad heiße Eisen herangeführt: Die chemischen Reaktionen verstärken sich entsprechend. Das neue Klöckner-Verfahren kommt mit einem guten Drittel der Energie aus (450 KW), spart die Kosten der Entsorgung ein und reduziert die Emissionen um ein Vielfaches der Sauganlagen. Der Clou dabei ist, daß Klöckner den benötigten Stickstoff nicht kaufen muß, sondern - quasi als Abfallprodukt - selbst produziert. Bei der Veredelung von Eisen zu Stahl werden große Mengen Sauerstoff benötigt, der der Luft entzogen wird. Was übrig bleibt, ist Stickstoff: Der wird aufgefangen und unter die Ummantelung geblasen. In der Stahlproduktion werden pro Stunde 20.000 Kubikmeter Sauerstoff benötigt, 80.000 Kubik

meter Sauerstoff entstehen.

Vier Millionen Tonnen Eisenerz zerkocht Klöckner pro Jahr. Aus den Hochöfen wird regelmäßig alle zwei Stunden glühendes Eisen abgestochen. Insgesamt will das Werk die Staubemissionen von 2.440 Tonnen auf 190 Tonnen pro Jahr senken. Grund genug für Umweltminister Töpfer, gestern zur feierlichen Vorführung der Anlage nach Bremen zu kommen. Immerhin hatte sein Ministerium von den 8,1 Millionen Mark 2,5 Millionen übernommen (eine Entstaubungsanlage hatte Klöckner pro Hochofen mit 20 Millionen Mark Investitionskosten veranschlagt). Voll des Lobes äußerte sich Töpfer

über die „innovative Kreativität“ der Ingenieure. „Umweltschutz heißt für uns vor allem, Grenzwerte festzulegen, nicht aber Techniken.“ Für die Umsetzung müßten die Industrien sorgen. Klöckner sei ein gutes Beispiel.

Daß den Anwohnern der vertraute Eisenoxidgeschmack nicht sofort und nicht ganz verlustig geht, dafür sorgt derzeit noch der kleinere Hochofen III der Hütte. Doch auch hier soll bis 1ahresende eine entsprechende Anlage installiert werden, Dann, so verspricht der Konzern, werden „die bekannten roten Staubwolken der Hütte Bremen...der Vergangenheit angehören. Markus Daschne

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