piwik no script img

Politischer Mord in Kenia?

Wurde Außenminister Ouko Opfer eines Machtkampfs? / Regierung Moi: „Selbstmord“  ■  Von Petra Friesen

In Kenia hat der Tod des Außenministers Dr. Robert Ouko die Gerüchteküche des Landes ins Rotieren gebracht. Oukos Leiche war drei Tage nach seinem Verschwinden völlig verbrannt aufgefunden worden. Auf Hochtouren wird derzeit über diverse Versionen von politischem Mord spekuliert, nachdem die Varianten „eifersüchtige Freundin“ und „nichtchristliche Sekte“ schnell aufs Abstellgleis geraten waren. Schließlich war der Tote ein ebenso intelligenter wie eloquenter Akteur auf der politischen Bühne und damit vielen ein Dorn im Auge.

Die lokalpolitische Version besagt, daß ein Konkurrent Ouko wegen eines angeblichen Wahlbetrugs vor fast zwei Jahren nach dem Leben trachtete. Die nationalpolitische Variante unterstellt einen Machtkampf auf höchster Ebene. Zwar hat Ouko nimmermüde seine Loyalität zum System und zu Präsident Moi bekundet und auch die Kritik an Menschenrechtsverletzungen und politischer Repression in Kenia rigoros abgewiesen. Trotzdem soll er den Zorn führender Politiker erregt haben, weil er ihnen des öfteren, besonders im Ausland, die Show stahl: so bei den kürzlichen Visiten in den USA und Großbritannien. Wurde Ouko zu stark und zu ambitioniert?

So, als wäre es gestern gewesen, spricht man plötzlich wieder von der Ermordung Tom Mboyas, 1969, des populären Mannes neben Jomo Kanyatta, Kenias erstem Präsidenten, und der des Parlamentariers J.M. Kariuki, 1975, eines wortgewaltigen Kritikers Kenyattas. Beide Morde wurden nicht aufgeklärt und der Verdacht, daß Kenyatta seine Finger im Spiel hatte, nie aus der Welt geschafft.

Auch wenn die Gerüchte um den Tod Oukos nur heiße Luft sind, so spiegeln sie doch die politische Stimmung im Lande. Die Unzufriedenheit mit Präsident Moi wächst, zählt er doch immer mehr Firmen im Lande sein eigen und schottet er seine Macht gegen auch nur die zarteste Kritik eisern ab. Der Balanceakt, mit dem er als Angehöriger einer kleinen Volksgruppe die Vertreter der Kikuyu, Luo und anderer großer Volksgruppen in Schach hielt, gerät aus dem Gleichgewicht. Verunsichert wittert er auch unter den Gefolgstreuen Konkurrenz und duldet keine starken Männer neben sich. Zwei Vizepräsidenten, Kibaki und Karanja, verloren in den letzten beiden Jahren ihren Posten, als sie zu eigenmächtig wurden.

Freie Meinungsäußerung oder gar Kritik an der Regierung werden durch ein Einschwören auf die Parole „Nationale Einheit“, geheimdienstliche Überwachung und Repression zum Schweigen gebracht. Als Bischof Njoya in seiner Neujahrspredigt anläßlich der Ereignisse in den sozialistischen Ländern ein Überdenken des Einparteiensystems forderte, ging ein Aufschrei des Entsetzens durch die Politikerriege, und seine Verhaftung wurde gefordert. Letzte Woche wurde ein Mann zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, weil er öffentlich geäußert hatte, daß die Regierung beseitigt gehöre und er kein Vertrauen in Moi habe.

Am Sonntag forderten Studenten bei einer Trauerdemonstration für Ouko eine rasche Aufklärung des Mordes. Die Regierung beeilt sich, Objektivität zu demonstrieren, hat Scotland Yard um Hilfe gebeten und die Bevölkerung aufgefordert, ihre Spekulationen bleiben zu lassen. In ihren eigenen Untersuchungen zum Tod von Dr. Ouko kommt die Regierung Moi freilich zu dem für die kenianischen Politiker denkbar unbelastendsten Ergebnis: Der Schluß liegt nahe, so die Erklärung der Regierung, daß Ouko Selbstmord begangen habe.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen