Sport-Politik-betr.: "Es gibt kein grünes Olympia", taz vom 19.2.90

betr.: „Es gibt kein grünes Olympia“, taz vom 19.2.90

(...) Die Diskussion über die Nichtbeachtung des Sports durch die Grünen war längst fällig. Das Gespräch zwischen Anti-Sport-Brauer und Cola Kuhn hat die Vorstellung von links-alternativen Klischees zum Sport bestätigt. Als Staatssekretär ist Kuhn nicht zu beneiden. Ohne jede programmatische Grundlage muß er praktische Politik machen, wobei ihn die Olympia-Euphorie zu erschlagen droht. Da fällt es schwer, eine klare Linie zu bewahren.

Hochleistungs-Parlamentarier wie Brauer kommen da mit ihren dogmatisch verbrämten Antiparolen wie gerufen. Der Mann weiß, wie jeder gute Linke einfach alles über Sport: Olympia ist Teufelszeug, weit weg damit. Sport ist Zirkus. Aber uns paßt nur Roncalli, also kein Geld dafür. Hochleistungssportler gehen immer über ihre Grenzen. Das will ich nicht. Und dieser Mensch will Sport studiert haben? Sensationelle Arroganz und Bevormundung bringt er für Sportler auf. Eine unglaubliche grüne Position.

Gerade im Sport sind 1.000 Ansätze für alternative Ideen aufzuspüren: Humaner Leistungsport, Sport im Einklang mit der Umwelt, Gesundheitssport, Spiel und Spaß, sinnvoller Sportunterricht etc.

Natürlich ist es leichter, den „monolithischen Block“ anzuprangern, als sich um Sportprogrammatik zu bemühen. Menschen wie Jochen Brauer sind denkbar ungeeignet in einem Bereich, der zunehmend die Freizeit bestimmt, Politik zu machen. Es wird höchste Zeit, daß die Grünen den weißen Programmfleck Sport mit Inhalt fühllen. Jammern und die reine Kenntnis der Fußballclubs der Sechziger hilft da wenig. Aber wenn man alle Sportler, Funktionäre, Sportjournalisten etc. in einen großen (Müll)Topf wirft, bleibt keiner mehr, der helfen kann.

Ralf Scholt, Köln