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AL-Baupolitik: Bausenator behindern

■ Eine Betrachtung der Politik der Alternativen Liste zu den Themen Wohnungsbau und Mietenpolitik / „Wir dürfen Nagel doch nicht einfach kritisieren“

„Die AL tut doch was - sie behindert den Bausenator nicht“, sagte Bausenator Wolfgang Nagel. Das umreißt die Tätigkeit der Alternativen Liste im Baubereich derzeit ziemlich genau. Die AL stand einmal für Mietpreisbindung, Kampf gegen Spekulation und billigeren Neubau. Heute nimmt die Wohnungsnot zu, die Gelder für die Stadterneuerung werden sukzessive gekürzt. Die Altbaumieten steigen und die Mieterberater bangen ums - finanzielle - Überleben. Von AL -Forderungen wie der Wiedereinführung der Mietpreisbindung ist keine Rede mehr und die Mietpreisinitiative des Bausenators, die mit staatlich kontrollierter Mietpreisbindung nicht viel zu tun hat, liegt in Bonn auf Eis. Das Wunschkind der AL, der kommunale Wohnungsbau - also Wohnungsbau durch die Stadt selbst und nicht durch privatrechtlich organisierte Bauträger - kommt nur äußerst mühsam in die Gänge. Und für den Wohnungs-TÜV, einen anderen AL-Vorschlag, gibt es noch nicht einmal einen Gesetzesentwurf. Teure Dachgeschosse werden weit mehr als zu CDU-Zeiten genehmigt. Was auch immer aktuell gerade ansteht

-von der AL ist dazu nicht viel zu hören, auf Veranstaltungen ist sie kaum präsent. Selbst die wenigen, bisher unermüdlichen AL-Mitglieder in den bezirklichen Bauverwaltungen beginnen langsam zu resignieren.

Die Gründe für den Niedergang sind vielschichtig. Zum einen ist der SPD-Senator Nagel eine schwer zu übertrumpfende Konkurrenz, die keine Sonne neben sich duldet. Er hat das letzte Jahr genutzt, seinen Machtbereich innerhalb der Senatsbauverwaltung mit loyalen Mitarbeitern abzuschotten und zu kontrollieren. „Und schließlich ist Nagel unser Koalitionspartner, den dürfen wir nicht einfach so kritisieren“, meint der derzeitige Abgeordnete Michael Michaelis (wischt er dir vielleicht noch den arsch ab? sezza). Außerdem wird der Baubereich nicht unterstützt von den maßgebenden AL-Gremien wie Delegiertenrat und Geschäftsführender Ausschuß. Nachdem die Aufregung über die ersten Häuserräumungen abgeflaut war, herrscht Desinteresse vor. Das liegt auch an der Materie. „In der Baupolitik muß man sich die Finger schmutzig machen, da kommt man mit der reinen Lehre nicht weiter“, meinte die AL-nahe Kreuzberger Baustadträtin Franziska Eichstädt. Und vor allem hat die AL es geschafft, sich gegen Ende der letzten Legislaturperiode ihrer besten und profiliertesten Leute zu entledigen, nämlich des „bekanntesten Baustadtrats der Welt“, Werner Orlowsky, und des Abgeordneten Volker Härtig. Sein Nachfolger Michaelis ist zwar ein gutwilliger Mieteranwalt, auf dem geld- und intrigengepflasterten Parkett der Baupolitik aber überfordert.

Unschuldig an ihrer Misere sind die Kämpen im Baubereich aber auch nicht. Die vorherrschende Charakterstruktur dort ist mit „eigenwillig“ oder „wenig um Kooperation bemüht“ behutsam umschrieben. Einig ist man sich innerhalb des Baubereichs denn auch nur, daß es besser laufen muß, nicht aber, wie. Ein Forschungsinstitut aufzubauen, empfahl Härtig, andere hingegen plädierten für engere Kooperation mit dem Verkehrs- und Umweltbereich, die konträre Positionen vertreten. Daß die AL zumindest eine AssistentIn zur Unterstützung des Abgeordneten Michaelis einstellen solle, fand wenigstens keinen Widerspruch. Ob eine technische Lösung ausreicht, darf man bezweifeln.

Eva Schweitzer

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