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Erstes Piraten-TV vorerst eingestellt

■ Hausmeister zerstörte die Antenne auf dem Leipziger Haus der Demokratie / „Kanal X“ wollte täglich zwei Stunden senden und eine Zulassung beantragen / Alternative zum DDR-BRD-TV

Leipzig (afp) - Das erste Piratenfernsehen der DDR, das in der Nacht zum Sonntag aus den Leipziger Räumen der Bürgerbewegung Neues Forum auf Sendung gegangen war, ist von den Behörden vorerst eingestellt worden. Die Sendeantenne von „Kanal X“ wurde vom Hausmeister des Gebäudes außer Betrieb gesetzt, war bei den VeranstalterInnen des Senders zu erfahren. Ingo Günther, der zu den InitiatorInnen von „Kanal X“ im Büro des Neuen Forums im Leipziger Haus der Demokratie gehörte, gab bekannt, die Manipulation an der Antenne mache die Fortsetzung der Sendungen mittelfristig ungewiß.

Der Hausmeister des Hauses der Demokratie, ein Angestellter der Stadt Leipzig, erklärte Günther zufolge dem Neuen Forum, „Kanal X“ dürfe ohne Lizenz nicht senden. Er habe daher entschieden, aufs Dach des Gebäudes zu steigen und die Antenne außer Betrieb zu setzen. Das Haus der Demokratie war früher Sitz der Leipziger SED.

„Kanal X“ hatte am Sonntag abend eine vierstündige Wahlsendung ausgestrahlt. Die Veranstalter des Piratensenders hatten am Wochenende erklärt, trotz der fehlenden Erlaubnis zwei Stunden pro Tag Programm machen zu wollen. Eine Zulassung sollte nach den Volkskammerwahlen beantragt werden. Die Ausstattung von „Kanal X“ ist bescheiden, aber der Piratensender verfügte über eine Satellitenantenne, mit der er auch verschiedene ausländische Programme empfangen konnte.

Die Idee der InitiatorInnen des nicht-kommerziellen Piratensenders ist, den FernsehzuschauerInnen eine Alternative zum staatlichen DDR-Fernsehen und zu den westdeutschen Programmen anzubieten, die in Leipzig ohne Probleme empfangen werden können. Die PiratInnen von „Kanal X“ wollten vor allem denen Gehör verschaffen, die die Veränderung in der DDR bewirkt haben, aber nicht für die praktische Heirat mit dem großen Bruder Bundesrepublik gestimmt haben. Sie wollen auch Ansichten des Auslands zum Thema Deutschland bekannt machen.

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