Peres soll Israels neue Regierung bilden

Trotz Bomben- und Morddrohungen beauftragt Staatspräsident Chaim Herzog Arbeiterpartei-Führer Schimon Peres mit Regierungsbildung / Neben den linken und liberalen Fraktionen wollen auch Teile der orthodox-religiösen Parteien eine Arbeiterpartei-Koalition unterstützen  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Der israelische Präsident Chaim Herzog hat am Dienstag abend den Führer der Arbeiterpartei, Schimon Peres, mit der Bildung einer neuen Koalitionsregierung beauftragt. Begründet hat er dies damit, daß Peres bessere Aussichten als Schamir habe, in vertretbarer Zeit eine Koalition zu bilden. Peres versprach denn auch, so schnell wie möglich eine regierungsfähige Koalition auf die Beine zu stellen. Peres hat nun drei Wochen Zeit, um ein Regierungsbündnis zu bilden. Er kann jedoch eine Verlängerung dieser Frist beantragen, falls er für sein Vorhaben mehr Zeit benötigen sollte.

Wenige Stunden bevor Herzog den Kandidaten für die Regierungsbildung benennen wollte, wurde das Staatsoberhaupt mit anonymen Mord- und Bombendrohungen überhäuft. Darin wurde Herzog davor gewarnt, den Vorsitzenden der Arbeiterpartei, Schimon Peres, mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Bis zuletzt war unklar, ob der Staatspräsident Peres oder Schamir mit der Regierungsbildung beauftragen würde. Noch am Dienstag hatte es nach einem Patt zwischen den beiden größten Parteien Likud und Arbeiterpartei ausgesehen. Verteter kleinerer Rechtsparteien und der Nationalreligiösen Partei hatten Schamirs Likud-Block ihre Unterstützung angetragen. Peres konnte dagegen mit den Parteien des linken Spektrums und der ultra-orthodoxen Partei Agudat Israel rechnen. Einige Gruppierungen hatten sich die Entscheidung, welche Koalition sie letztlich befürworten würden, allerdings bis zuletzt offengehalten.

Die ersten Verhandlungen, die Peres in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch mit der Agudat Israel führte, sind positiv verlaufen. Heute will der Arbeiterpartei-Führer mit den linksoppositionellen und liberalen Knessetfraktionen über die politischen Rahmenbedingungen einer gemeinsamen Koalition verhandeln. Im wesentlichen wird es dabei um eine Wiederbelebung des „Friedensprozesses“ beziehungsweise um mögliche Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern in Kairo gehen. Doch Peres will auch Schamirs Likud zur Regierungsteilnahme einladen. Die Likud-Führer hingegen haben schon abgewunken. Man geht davon aus, daß der Likud versuchen wird, alle Bemühungen von Peres zu torpedieren, um vielleicht doch noch eine eigene Regierung zu formen. Die Chancen dafür werden indes für gering erachtet.

Peres‘ Aussichten auf Bildung einer kleinen Koalition mit den linken, den liberalen sowie einigen religiösen Parteien sind augenblicklich ziemlich gut. Möglicherweise kann er sogar noch auf die „liberale“ Fraktion des Likud zählen, die gerade im Begriff ist, sich als eigenständige Fraktion in der Knesset zu etablieren. Die kommunistische Demokratische Front sowie zwei kleine arabische Gruppen - insgesamt fünf Knesset-Abgeordnete - sind aller Voraussicht ebenfalls bereit, eine Peres-Regierung parlamentarisch zu unterstützen.

Staatspräsident Herzog betonte im Zusammenhang mit der israelischen Regierungskrise auch die Notwendigkeit einer Änderung von Wahl- und Regierungssystem in Israel. Denn in den letzten Wochen habe sich erneut gezeigt, daß Intrigen, Feilschen und Kuhhändel bei der Bildung möglicher Regierungen zu einer Diskreditierung der israelischen Demokratie führen können. Herzog sprach sich auch gegen vorgezogene Neuwahlen zur Knesset aus. „Das würde voraussetzen, daß die Übergangsregierung Schamir noch für einige Monate im Amt bleibt“, was angesichts der drängenden Probleme nicht sinnvoll sei. Amerikanische und palästinensische Vertreter beobachten die Koalitionsbemühungen von Arbeiterparteiführer Peres mit „vorsichtigem Optimismus“.