Frauen-initiative 90-betr.: "Die große Frauenkoalition von Bonn", taz vom 3.3.90, "Der gemeinsame Weg ist wichtig", taz vom 8.3.90

betr.: „Die große Frauenkoalition von Bonn“, taz vom 3.3.90, „Der gemeinsame Weg ist wichtig“, taz vom 8.3.90

Seit in dem „intellektualisierten“ Programm der Reps die Frauen nun vollends unter dem Sammelbegriff „Familie, Jugend, Gesundheit und Sport“ verschwunden sind, ist es still geworden um das Frauenthema in der Auseinandersetzung mit den sogenannten Republikanern.

Das prominente „Frauenbündnis 90“, bestehend aus privilegierten Damen aus - wie sie sich selbst schreiben „wichtigen gesellschaftlichen Gruppierungen“, erwähnt die Frauen mit keinem Wort. Welche Grenzen mögen sie da wohl überschreiten wollen? Sie sagen nichts darüber, wer verantwortlich ist für „nationale Überheblichkeit, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit“. Sie sind davon überzeugt, daß die Zukunftsaufgaben lösbar seien, aber nur, wenn sie „nicht in Hektik und Schwarzmalerei, sondern in überlegter Ruhe, nicht übersteigertem Nationalismus (ein bißchen Nationalismus darf's demnach schon sein!), sondern im Einvernehmen mit unseren Freunden und Partnern diesseits und jenseits der Grenzen“ angegangen werden.

Welche „überlegte Ruhe“ dieser Welt benötigen die Damen eigentlich, wenn vor allem Frauen in dieser BRD- und jener DDR-Gesellschaft tägliche Existenzkämpfe zu bestehen haben? Mit keinem Wort wird erwähnt, daß es ihre Männer in ihren Organisationen sind, die sich mit ihrem Nationalismus und Chauvinismus einen Dreck scheren um die „Freunde und Partner diesseits und jenseits der Grenzen“ (Freundinnen und Partnerinnen scheint's nicht zu geben). Das sind die Rattenfänger, die Brandstifter!

Die Damen wenden sich weiter „gegen Parteien und Tendenzen in der Gesellschaft, die Rassenhaß, Antisemitismus und gewissenlos menschenverachtende Fremdenfeindlichkeit schüren“. Wen mögen sie da bloß meinen? Es könnte ja sein, ihre eigenen Parteien und Organisationen, die genau den Haß schüren: mit menschenverachtender Demagogie und ebensolchen Ausländergesetzen zum Beispiel. Aber bitte, meine Damen, kämpfen Sie gegen Ihre Rattenfänger Kohl, Schäuble, Dregger, Blüm oder Farthmann oder Lafontaine oder, oder...

Jeder dieser Herren kann mit einem beachtlichen Repertoire an rassistischen und sexistischen Parolen aufwarten. Und so manche von ihnen sind auch nicht gerade zimperlich in den Methoden der Verfolgung von nicht systemkonformen, stromlinienförmigen Menschen: Gummiknüppel und § 129 a sind nur die wenigstens Beispiele.

Setzen Sie sich erst mal in Ihren eigenen Reihen für mehr „Menschlichkeit“ als „unverzichtbares Gebot freiheitlicher Politik“ ein: Zwingen Sie, verdammt noch mal, Ihre Macker in die Schranken, wenn Sie mit Schaum vor dem Mund Jagd auf abtreibende Frauen, wenn sie gemeinsame Sache mit sogenannten Lebensschützern machen!

Diese Damen wollen von Frauen - wie seit Jahrtausenden üblich - den Schutt beseitigen lassen, den ihre Männer verursacht haben. Die Kerle haben mal wieder alles überrollt - rücksichtslos wie immer. Da nützt es auch nicht viel, wenn die Damen - und das ist der Gipfel der Peinlichkeit „Kindern, älteren Menschen, Behinderten, sozial Schwachen und unterdrückten Völkern nicht erst dann helfen, wenn wir ihnen unsere Vorstellungen aufgenötigt haben“. Ja, ja, helfen. Helfen und lieben, bis es schmerzt, wie auch die „Lebensschützerin“ Mutter Teresa es von uns Frauen fordert.

So billig, unverbindlich und inhaltsleer jedenfalls ist den Problemen dieser Zeit nicht beizukommen!

„Die Freiheit, die wir im Westen haben...“, wollen die Damen mit „Verantwortung verteidigen“. Bitte schön, welche Freiheit meinen Sie? Wer ist „wir“? Etwa „wir Frauen“? Die Freiheit der Frauen, jede Woche zum Sozialamt gehen zu dürfen, um ihre karge „Hilfe“ abzuholen? Die Freiheit von Immigrantinnen, Flüchtlingen, Roma, Sinti, diese ach so menschliche BRD verlassen zu dürfen, abgeschoben zu werden? Die Freiheit von Frauen, keine Wohnung zu bekommen, weil sie in einer Wohngemeinschaft leben wollen oder weil sie Alleinerziehende sind? Die Freiheit von Frauen, sich jederzeit an jedem Ort unbelästigt von Männergewalt aufhalten zu können? Die Freiheit von Feministinnen und Lesben, tätlich von Faschisten angegriffen werden zu dürfen?

Aber das sind gewiß nicht die Probleme der Frau Abgeordneten, Frau Professor, Frau Funktionärin, Frau Wissenschaftlerin. Und solange die Mitunterzeichnerin Professor Süssmuth als ständige Rednerin der „Deutschen Liga für das Kind“ auftritt, die in Wirklichkeit weniger das Wohl des Kindes im Blick hat als vielmehr aggressive Bevölkerungspolitik, vertreten von Autoren mit braunen Westen..., solange die Mitunterzeichnerin Heidemarie Wieczorek-Zeul dem „Deutschen Volksbund für Geistesfreiheit“ (die mit der völkisch-rassistischen und antisemitischen Sekte „Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft“ verbunden ist) als Festrednerin zu deren 40jährigen „Jubiläum“ zur Verfügung steht..., solange signalisieren Bündnisse dieser Art Oberflächlichkeit, Verharmlosung und Heuchelei. Ohne uns!

fantifa - feministische antifa Bonn