United Colors of Benetton

■ Die Ausländerbeauftragte und das „nachbarschaftliche Miteinander“

Sie kleben an Litfaßsäulen und in den U-Bahnhöfen: 25 Köpfe auf einem Plakat - der strahlende US-Boy im Dress der Schutzmächte, der Chinese mit der Kochmütze, der verschmitzt lächelnde türkische „Mitbürger“, der Schwarze mit der schicken Poppertolle und der tamilische Rosenverkäufer mit dem versonnenen Gesichtsausdruck - als gäbe es für Flüchtlinge nichts Schöneres, als abends dem satten Kneipenpublikum Blumen anzubieten. Mittendrin der Spruch „BerlinerInnen, aller Länder, vertragt Euch“ vergleichsweise originell für hiesige Verhältnisse.

Die ganze Aktion soll nun aufgefrischt werden - die Plakate bunt statt schwarz-weiß, acht neue Köpfe werden gesucht. Bewerbungen mit Photo bitte bis zum 11.Mai an das Büro der Ausländerbeauftragten - fertig ist die neue Kampagne.

Für ein „gutes nachbarschaftliches Miteinander“ soll die Aktion werben, was besonders AusländerInnen als „Rückenstärkung“ empfinden würden, sagt Sozialsenatorin Ingrid Stahmer. Die Ausländerbeauftragte Barbara John relativiert da ein bißchen, spricht von einem „kleinen Mosaikstein in der Politik des Senats“. Nun ist das „nachbarschaftliche Miteinander“ im Alltag oft weder das eine noch das andere. Und unter Rückenstärkung stellen sich die meisten ImmigrantInnen und Flüchtlinge spätestens seit dem 9. November etwas anderes vor als Plakate und Poster, die an Werbung a la „United Colors of Benetton“ erinnern.

All das wäre halb so schlimm, wäre dieser „kleine Mosaikstein“ tatsächlich in ein solches eingebettet. Im Prinzip ist ja nichts dagegen einzuwenden, das multikulturelle Leben in der angehenden Metropole schöner darzustellen, als es ist - vorausgesetzt, man versucht gleichzeitig, die Realität ein wenig dem Plakat anzugleichen. Spätestens seit der Maueröffnung ist die Situation in der Stadt prekär; unter anderem, weil viele aus Deutschland-Ost ihren Rassismus ganz unverblümt zur Schau tragen, und viele aus Deutschland-West nun laut sagen dürfen, was sie früher nur gedacht haben. Ein kleines Aktiönchen - oder gar ein weiterführendes Konzept - für diese monokulturellen Zielgruppen würde man sich wünschen, doch da herrschte gestern bei der Ankündigung der neuen Plakatkampagne im Hause der Ausländerbeauftragten Sendepause. Und so bleibt es vorerst beim photographischen Potpourri internationaler Strahlemänner und -frauen. Keine Frage - ein guter PR-Gag, um das Image der Stadt zu polieren. Nur ändert der nichts daran, daß die ImmigrantInnen zur Zeit verdammt wenig zu lachen haben.

anb