: Neue Männer kriegt das Land
■ Pfarrer und Juristen, die uns regieren wollen
Premier (CDU): Lothar de Maiziere (50)
Der Vorsitzende der CDU beschäftigt sich seit dem 10. November mit der Neuprofilierung der ehemaligen Blockpartei und bemüht sich um schnelle Einheit und Marktwirtschaft. Eine Karriere als Musiker mußte er wegen Krankheit aufgeben, stattdessen wandte er sich der Juristerei zu. Neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt machte er sich als Kirchenführer einen Namen. Im Kabinett Modrow war er als Vizepremier für Kirchenfragen zuständig.
Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident (DSU):
Peter-Michael Diestel (38)
Der gelernte Rinderzüchter und promovierte Jurist ist seit Gründung der DSU im Januar Generalsekretär der Partei. Zuletzt war er in Leipzig als Leiter einer Rechtsabteilung für die Betreuung landwirtschaftlicher Betriebe zuständig. Als Innenminister sieht er seine Hauptaufgabe darin, „Veränderungen, die wir im Herbst hier organisiert haben, zu stabilisieren und abzusichern“. Zum Schutz des Gemeinwesens zählt er auf die Hilfe der Volkspolizei. Um die dort herrschende Verunsicherung zu beseitigen, will er „den Polizisten klarmachen, daß sie vom Grunde her konservativ sind“.
Außenminister (SPD): Markus Meckel (37)
Der Mitbegründer der SPD ist seit dem 26. März amtierender Vorsitzender der Partei, nachdem Böhme seine Parteiämter wegen des Vorwurfs der Stasi-Mitarbeit ruhen ließ. Meckel ist Sohn eines Pfarrers, studierte von 1971 bis 1978 Theologie, arbeitete danach zwei Jahre als Hausmeister und predigte bis 1988 in der Ortschaft Vipperow in Mecklenburg. Zuletzt leitete er eine ökumenische Begegnungs- und Bildungsstätte der Evangelischen Kirche. Meckel ist mit 37 Jahren das jüngste Mitglied des neuen Kabinetts.
Finanzminister (SPD): Walter Romberg (61)
Als SPD-Minister ohne Geschäftsbereich zog er im Februar in das Kabinett Modrow ein. Der promovierte Mathematiker arbeitete seit 1978 im Institut für Mathematik der Akademie der Wissenschaften. Daneben engagierte er sich seit 1960 in der kirchlichen Laienarbeit, beschäftigte sich in Publikationen mit Abrüstung und Sicherheitspolitik, wirkte in der Friedensbewegung mit und leistete Sozialarbeit unter Rentnern.
Minister für Abrüstung und Verteidigung: Rainer Eppelmann (47)
Der Mitbegründer des Demokratischen Aufbruchs und nach dem Rücktritt von Wolfgang Schnur dessen Vorsitzender gehört zu den wenigen Mitgliedern der neuen Regierung, die die Novemberrevolution mit vorbereitet haben. Die Berliner Samariter-Kirche, in der der Pfarrer seit 1974 tätig war, diente seit Jahren als Treffpunkt und Versammlungsort für Gegner des SED-Regimes. Eppelmann ist gelernter Maurer und Kriegsdienstverweigerer. Für letzteres saß er in seiner Jugend acht Monate im Gefängnis.
Entwicklungsminister (DSU):
Hans-Wilhelm Ebeling (56)
Der Leipziger Pfarrer ist seit der Gründung der DSU im Januar Vorsitzender der Partei. Seit der Wende bemüht er sich um den Zusammenschluß der konservativen Kräfte im Land. Der gelernte Schlosser trat vor der Öffnung der Grenzen vor allem dadurch in Erscheinung, daß er die Türen der Leipziger Thomaskirche für Demonstranten geschlossen hielt und die Oppositionsgruppen nicht unterstützte. Ebeling hat sich im Februar als Pfarrer beurlauben lassen, da sich das Amt des Pfarrers und das des Politikers seiner Meinung nach nicht vereinbaren lassen.
Justizminister (LDP): Kurt Wünsche (60)
Wünsche war schon unter Modrow LDP-Minister für Justiz. Als Schüler trat er 1946 in die damalige LDPD ein, heute ist er stellvertretender Vorsitzender der LDP. Das Amt des Justizministers hatte Wünsche bereits von 1967 bis 1972 inne und mußte es aufgeben, als er bei der SED in Ungnade fiel.
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