: Monopoly - nicht als Spiel
■ Wie geht es weiter mit der KWV?
Die kommunalen Wohnungsverwaltungen in den Berliner Stadtbezirken sind aktiv geworden. Nicht nur im Interesse ihrer 11.000 Mitarbeiter, sondern vor allem im Sinne der 375.000 Mietparteien in den kommunal verwalteten Wohnungen Berlins. Davon kündete unlängst eine Pressemeldung über die Gründung eines „Verbandes der Berliner Wohnungswirtschaft Ost“.
Nun ist dagegen prinzipiell nichts einzuwenden, denn der Ruf der KWVen hatte in der Vergangenheit mehrfach gelitten. Eine Verbesserung der Arbeitsweise dieser Betriebe wäre wünschenswert.
Aber in den letzten Wochen breiten sich immer wieder Gerüchte aus über angebliche Verhandlungen zwischen KWV -Verantwortlichen und Vertretern mehr oder weniger seriöser westlicher Firmen. Nachweislich versuchen solche Unternehmen wie DATA DOMIZIL, WOHNDATA Hamburg, die Kolingbeil-Gruppe, die Maklerfirma Bendzko, die DeGeWo und andere mit den KWVen ins Gespräch zu kommen. Das verunsichert Mieter und Grundstücksnutzer. Blauäugig wird versucht zu verharmlosen. Die noch geltende DDR-Rechtsordnung ließe derartige Rechtsgeschäfte überhaupt nicht zu.
Doch sollte niemand den unbändigen Drang westlicher Kapitalanleger auf unseren Immobilienbestand unterschätzen. Es wird mit aller Konsequenz versucht, alte Rechte neu zu beleben, es werden unter anderem Kündigungen und Baustopps für Grundstücksnutzer ausgesprochen und Mieter verunsichert. Aber es werden auch „selbstlose“ Maklerdienste angeboten und beträchtliche Summen für den Verkauf oder die Vermietung von Wohnungen und Grundstücken in Aussicht gestellt. Selbst ausgereiste DDR-Bürger bieten ihre Vermittlungsdienste an. Sicher kann man auch sein, daß jede Schwachstelle im DDR -Grundstücksverkehr und in der Wohnungswirtschaft ausgenutzt wird, denn es stehen Millionen DM auf dem Spiel.
Die KWVen haben sich entschlossen, in diesem Geschäft ein Wörtchen mitzusprechen und ihre Handlungsfähigkeit, bisher auf das Verwalten beschränkt, zu vergrößern. Man ist dabei, die Bildung von Aktiengesellschaften bzw. GmbH vorzubereiten. Damit versprechen sich die Verantwortlichen die Erhaltung ihrer Betriebe und die Rettung volkseigener Vermögenswerte, da die Kommunen als Hauptgesellschafter fungieren werden. Auch künftig werden die Mieteinnahmen und die Mittel aus dem Staatshaushalt nicht ausreichen, die notwendigen Sanierungen durchzuführen. Die KWV-GmbH bzw. -AG werden sich nach Kapitalgebern umsehen müssen. Das heißt, hier könnte ein Tor für eine mehr oder weniger große Vermarktung von Wohnungsbeständen geöffnet werden. Die Folge wäre eine sehr schnelle Rechtsangleichung und undifferenzierte Übernahme des so „bewährten“ Mietrechts der BRD.
Derzeit kann davon ausgegangen werden, daß die Mitarbeiter der KWV keinesfalls der Vermarktung von Wohnungen das Wort reden. Der Vorschlag des Berliner Oberbürgermeisters, die KWV in gemeinnützige Wohungsbaugesellschaften auf der Grundlage einer Treuhandverwaltung umzuwandeln, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Im Westen kalkuliert man aber anders. Die Klingbeil-Gruppe äußerte zum Beispiel, man könne geduldig warten, bis eine „legitimierte Mannschaft“ dran sei (!). Das zeigt, daß sich die KWV im marktwirtschaftlichen Umfeld als Vermieterbetriebe sehr stark profilieren müssen. Auf keinen Fall liegt es im Interesse der Mieter in der DDR, wenn die KWV zum Wegbereiter einer gewinnbringenden Wohnungsbewirtschaftung werden sollte. Es gibt einen Punkt, an dem sich Vermieter und Mieterinteressen voneinander trennen, wo nicht erwartet werden kann, daß die KWV den Mieterschutz garantiert. Die bekanntgewordenen Aktivitäten sind aus der Sicht dieser Betriebe und ihrer Mitarbeiter durchaus logisch. Nur findet es keinerlei Verständnis, wenn man sich nun auch noch als Schutzpatron für die Mieter bezeichnet und die realen Interessenunterschiede zwischen Vermieter und Mieter einfach wegwischt.
Beherzte Mieter haben dies begriffen und begonnen, überall im Lande Mieterinitiativen und Mietervereine zu bilden. Deren Forderungen sind zwar nicht gegen die Mitarbeiter in den KWVen gerichtet, sie orientieren aber auf ein hohes Maß an Selbstbestimmung der Mieter über ihre eigenen Angelegenheiten. Eine Zusammenarbeit zwischen den Mietern und den Vermietern entsprechend den vertraglich geregelten Rechten und Pflichten bleibt weiterhin legitim. Wenn sich aber Vermietervereinigungen als Interessenvertreter der Mieter bezeichnen, zeugt das entweder von Unkenntnis der Interessenkonstellationen oder ist gegen die Arbeit der Mietervereinigungen gerichtet.
H. J. Fischer
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