: Im Zirkus hört die Schwerkraft auf
■ Siemoneit-Barum gastiert mit Super-Programm in der Stadthalle: Der Zauber der großen, weiten Welt
Zirkus in der Stadt! Kameldung liegt in der Luft, bunte Wohnwagen um die Stadthalle, Löwenfauchen hinter den Kulissen, livrierte Platzanweiser, bunte Lichter, Popkorn, die unverkennbare Musik vom zwölfköpfigen Orchester: Die Stars der Manege vom Zirkus Siemoneit-Barum lehren derzeit die BremerInnen das Staunen und Lachen.
Zum Beispiel die Ali-Hassani-Truppe: Da wundert man sich, warum der homo sapiens gerade die aufrechte Gangart gewählt hat, wenn man sich wie die Hassa
nis so wunderbar leicht und federnd handstandüberschlagend und im Flick-Flack durch die Manege bewegen kann. Da scheint der Salto die stammesgeschichtlich adäquate Art der Entspannung zwischen achtköpfigen Menschenpyramiden zu sein, bei denen Ali Hassani seine sieben Kollegen (oder 500 Kilogramm)drei-Mensch-hoch im Sand balanciert.
Oder die große Reise ins Land der exotischen Tiere: Kamele, Dromedare, Elefanten, Zebras. Und Pedro, der Emu, mit seinem mächtigen Geweih, Zulu, der Giraffenbulle, der die Zuschauer in den Bann afrikanischer Steppen versetzt, sobald er sich in Trab setzt, Katharina-Karla, die resolute Flußpferddame und Tsavo, der drei Tonnen schwere Nashornbulle: Die Stadthalle Bremen wird für jeweils zwei Vorstellungen pro Tag zum Schmelztiegel zoologischer Sensationen.
Und Clowns! Da kann sich der gute August endlich ruhigen Gewissens auf sein sauer verdientes Artisten-Altenteil legen: Die Collins-Brüder ziehen die Gags nicht
mit Gewalt aus dem Hut, sondern mit Pfiff: Als scheiternde Trapezkünstler, als geplagte Kleinkindhüter oder als leidtragende Mückenjäger: Hier dominiert der hintergründige Humor vor dem plumpen Klamauk.
Oder Don Martinez, Komiker und Trampolinkünstler, der schwere zehn Minuten lang versucht, vom Sprungbrett einen Satz ins kühle Naß (Trampolin) zu wagen, und sich nach diversen „technischen“ Schwierigkeiten in einem atemberaubenden Striptease von seinem grauen Flanellanzug und einigem mehr trennt. Don Martinez‘ Auftritt ist eine Geschichte, die mit perfekter Körpersprache erzählt wird und deren Betonungen und Höhepunkte die artistischen Effekte liefern, mit denen das Trampolin die Schwerkraft des Don scheinbar aus den Fugen geraten läßt.
Zirkus Barum-Siemoneit ist auf Jubiläums-Tournee: Seit zwanzig Jahren versucht Direktor Gerd Siemoneit, Menschen, Tiere und Sensationen in fast jedem Winkel der Welt zu präsentieren. Nicht zuletzt seine eigene
Raubtierdressur, die in familiärer Manegeneintracht Eisbären, Braunbären, Löwen , Leoparden, Panther und Tiger vorführt. Und auch ein Blick hinter die Kulissen der Dressur ist den Zuschauern gestattet: Gerd Siemoneit erläutert auf einer Video-Großbildleinwand den Lebens-und Ausbildungsweg „seiner“ Zöglinge.
Perfektion und Präzision verkörpert die Schweizer Jonglier -Künstlerin Karin Ingold. Ob Bälle, Ringe oder Keulen: Nichts scheint vor den flinken Fingern der Künstlerin sicher. Mit spielerischer Leichtigkeit haucht sie den Gegenständen ein auf- und abwärtsstrebendes Eigenleben ein, bis sich die brennenden Fackeln unter ihrer Anleitung zu einem Feuerkreis schließen.
Ebenfalls Spitze: Die „Flying Rodleighs“. Was diese sechsköpfige Flugtrapezgruppe an Figuren in der Luft malt, läßt einem den Atem anhalten. Über drei Stationen fliegen die Rodleighs wie sonst nur King Louis‘ Affenbande aus der Feder Walt Disney's: Zirkus ist bei Siemoneit-Barum ein unvergeßliches Erlebnis! Markus Daschne
NDer Zirkus Siemoneit-Barum gibt täglich zwei Vorstellungen (15.30 Uhr und 19.00 Uhr). Kinderkarten ab 9 Mark, Erwachsene ab 23 Mark, Ermäßigungen möglich, letzte Vorstellung Sonntag, 15.30 Uhr.
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