: Mecki und das Leben als Text
■ "Schatzsuche und Reisebericht" beim Kunstverein Ganderkesee/Installation von Wolfgang Hainke
Mecki und das Leben als Text
„Schatzsuche und Reisebericht“ beim Kunstverein Ganderkesee / Installation von Wolfgang Hainke
Faul sei er, sagt er. Kurz nach einer Ausstellung in Eindhoven. Kurz vor einer Ausstellung in Budapest. Zuhause summen Farbkopierer. Selbstgemachte Buchobjekte und Kataloge bis unter die Decke. Es riecht nach frischer Druckfarbe. Vor der Tür ein englischer Sportwagen, wird restauriert. Nebenbei ist Wolfgang Hainke Lehrbeauftragter an der Bremer Uni für Siebdruck. Und hat derzeit eine Ausstellung beim Kunstverein Ganderkesee. Wer sich jetzt über die „Faulheit“ des Wolfgang H. den Kopf zerbricht, ist ihm schon auf den Leim gegangen: Sein Konzept kennt Chiffrierung und Dechiffrierung, gefragt ist Eigen-Sinn. Kopfstöße sind Programm.
Försterei 11, Ganderkesee-Grüppenbühren, eine Idylle für die Kunst, umgrünt, umzwitschert. Von „Schatzsuche und Reisebericht“ handelt die Installation Hainkes. Treasure Hunt, eine Fluxus-Kooperation mit Emmett Williams, führte zu Siebdruck-Alphabeten, aus denen „Vanil Vopuno“, „Adiva Chuts“ und „KLM Jobina“ gewonnen wurden, woraus Williams im Katalog eine Kurzgeschichte machte. Ach der Katalog: Ein Buchobjekt aus Hainkes erstem Kinderbuch, „Mecki im Schlaraffenland“, einem „märchenhaften Reisebericht“ inclusive Fotos, eingelegten Postkarten, Einladungen zu früheren Ausstellungen, Drucken aus den letzten zehn Jahren. Auf dem Dachboden der Försterei hocken gipsern Figuren aus der Meckiwelt, Eskimo, hockender Burmese, tätowierter Japaner. Ausgeliehen aus dem verheimlichten Fundus des Überseemuseums. Reisen: Alte 9x12 Glasdias von Nachbars Boden, blau hinterleuchtet, Hochzeitsreise mit Capri und Gibraltar; Kopfreisen: Von Endloskopien umweht ein sakraler Ort mit Telefax, Kopierer und Laptop, darauf simuliert eine amerikanische Flugreise.
„Der Hainke macht Denkräume“, sagt der Hainke. Seine Trips gehen vom Material aus, Makulatur, Fundstücken, Mercedestüren (letzte Documenta), Erdnüssen und CD's (Eindhoven), um dann gleich in den Kopf zu steigen: Das Leben ein endloser Text. Kunst wird produziert, den Arbeitstakt bestimmt der Kopierer. Aus einer grenzenlosen Fülle von Informationen und gesammelten Zeichen (Hainke besitzt ein Mikrofiche-Archiv) bedient sich die Schatzsuche. Dann wird wieder codiert. Bücher werden mit Lack verklebt. Beim Aufreißen entsteht ein Unikat. Derart traktieren muß das Publikum den Katalog Nr.2 („Zeit haben und frei sein“), oft hat es den Mut dazu nicht.
Weggeworfen wird nichts. Alles ist recyclebar. Welch heikle musikalische Präsenz steckt doch in Ausschuß-CD's, die mit einem Code auf immer (?) versiegelt sind. Ein Raum voll unrealisierter Musik!
Am Ende aller head-trips steht wieder was zum Anfassen, ein Glück! Z.B. das Buchobjekt. Die besorgte Frage nach der seelischen Gesundheit des Künstlers innerhalb seiner Konzepte weist der zurück: Der Terror des Zusammenhangs bedroht ihn nicht, weil er den Zusammenhang macht. Außerdem, so Wolfgang Hainke, sei er faul. Bu
(Bis 17.Mai; geöff. Di., Do., Sa. 17-19, So. 15-18 Uhr; Tel. Försterei 04222/1661)
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