Belgien im Zwielicht

Englische und belgische Firmen bauten Geschütz für Irak / Toter bei Protest gegen Schließung des belgischen Rüstungspartners  ■  Aus London Ralf Sotscheck

Die Liste der Firmen, die mit Irak Rüstungsgeschäfte tätigen, wird immer länger. So waren britische und belgische Firmen vermutlich an der Herstellung der irakischen Superkanone „Al Fao“ beteiligt. Für die britische Beteiligung gibt es nach Angaben des britischen Zolls, der die Affäre um die als Stahlrohre deklarierten Waffenteile untersucht, deutliche Indizien. Bei der Produktion der Al Fao handelt es sich um einen Rüstungsauftrag an belgische Firmen. Der Londoner Zoll ist überzeugt, daß die Präzisionsarbeit an dem Geschützrohr von britischen Firmen ausgeführt wurden.

Die Al Fao wurde im April 1989 über ein Drittland nach Bagdad verschifft und nahm einen Monat später an einer Übung teil. Sie hat einen Selbstantrieb und ist mit einer Reichweite von 45 Kilometer das stärkste Artilleriegeschütz der Welt. Durch einen Antrieb im Sockel der Granaten läßt sich diese Reichweite sogar um 30 Prozent erhöhen. Der Auftrag für die Al Fao wurde - ebenso wie für die Stahlrohre - über die Brüsseler Firma „Space Research Corporation“ (SRC) des Raketenfachmanns Gerald Bull abgewickelt.

Bull arbeitete bei der Entwicklung der Al Fao eng mit „Poudreries Reunies de Belgique (PRB)“ zusammen, die im vergangenen Jahr in den Besitz der britischen Firma „Astra“ übergegangen ist. Die Brüsseler Staatsanwaltschaft bestätigte am Montag, daß gegen PRB eine Untersuchung wegen illegalen Waffenexports in den Irak via Jordanien läuft.

Nachdem SRC-Firmengründer Bull im März vermutlich von israelischen Agenten in Brüssel ermordet wurde, wurde SRC aufgelöst. Auch PRB soll demnächst dichtmachen. Gegen die befürchtete Schließung protestierten am Montag 500 Arbeiter der Firma. Als ein Lastwagen versuchte, eine Absperrung zu durchbrechen, schossen Polizeibeamte auf die Reifen des Fahrzeugs. Dabei wurde eine Passantin, die 23jährige Christine Van Eeckhoudt, von einem Querschläger in der Kehle getroffen und getötet.