: Zwanzigbeiniger Fiat bei Wetten Daß
■ Mobil ohne Auto / BUND-Jugend machte Wetttragen gegen den Stau / Morgen „Autofreier Sonntag“
Die Karosse hätte im Guggenheim-Museum an der Fifth Avenue in New York einen festen Platz. Öko-Pop-Art steht dort ganz hoch im Kurs, und der gelbe Kleinwagen ist dermaßen zum Objekt entstellt, daß ihm seine Vergangenheit als Fiat 126 mit einer Spitzengeschwindigkeit von 118 km/h kaum mehr anzusehen ist. Motorhaube und Seitenbleche sind mit naiver gegenständlicher Malerei verziert. Graffiti-Forscher würden weitere Details diagnostizieren können. Da eine „dedication“ an Martin, dort ein „code“ am Kotflügel: „Stau ist die schlechteste Massenveranstaltung“. Blümchen oder heitere Punkgesichter, freundliche Radartisten und finster dreinblickende Autofahrer schmücken das Gefährt, das keines mehr sein soll.
Konversion ist angesagt - aus dem lärmenden, stinkenden, flächenverbrauchenden, stressfördernden und unfallträchtigen
Auto wird mittels dreier Stahlrohre, die auf dem Dach festgeschweißt sind, ein hilfloses Ding. Zu nichts nutze als zum Anschauen und, mit Unterstützung vieler Menschenschultern, zum Brüskieren der fahrenden Artgenossen. Denen sollte nämlich gestern nachmittag um vier, zur günstigsten Stauzeit also, auf der Wilhelm-Kaisen-Brücke, einem der exclusivsten Stauorte, gezeigt werden, was eine Harke ist. Auf eine Distanz von 50 Metern wollten Jugendliche des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) demonstrieren, daß Autotragen im Stau allemal schneller ist als Autofahren. Letzteres also auch unter dem Gesichtspunkt der Be
weglichkeit und Mobilität ziemlich hirnrissig ist. Und falls sie das Wettrennen gegen den gewöhnlichen Stop-and-Go -Verkehr wider Erwarten verlieren sollten, versprachen die AkteurInnen, stante pede in die Weser zu springen. Zur Selbstkasteiung. Um es vorab zu verraten - sie mußten nicht. Gleich zweimal trabten sie mit dem Fiat unterm Arm den Bürgersteig entlang (dank Buten&Binnen, die auf die Schnelle nicht mitgekommen waren), und stets hatten die fahrenden Autos das Nachsehen. Auch dank der Ampelschaltung an der nächsten Kreuzung.
Mit der publikumswirksamen Aktion begann die BUND-Jugend
gestern ihre Aktion „MOA“. Mobil Ohne Auto, Feldzug gegen den Autowahn, Werbekampagne für das Umsteigen auf Fahrrad, Bus, Bahn und die eigenen Füße. Für den morgigen Sonntag haben die Umweltverbände in der Bundesrepublik im Rahmen der Aktion zu einem nationalen autofreien Sonntag aufgerufen.
Andreas Hoetzel
Heute morgen gibt es zur Einstimmung eine große Fahrrad -Sternfahrt. Auf vier Routen (Treffpunkte: 10 Uhr Vegesack Bahnhofsvorplatz; 10.45 Uhr Hemelingen Stackkamp; 11.15 Uhr Vahr Beneckendorffallee; 12 Uhr Neustadt Neuenlander Ring) geht es zum Schlachthof.
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