piwik no script img

„Sanktionen gehören der Vergangenheit an“

Der südafrikanische Präsident de Klerk heute in einem freundlich gestimmten Bonn / Anerkennung seiner eingeleiteten Reformschritte / Vorher Empfang bei Thatcher zu einem „extrem freundschaftlichen“ Gespräch / Verstärkte Tendenz, die EG-Sanktionen im Juni aufzuheben  ■  Von Ralf Sotscheck

Wenn der südafrikanische Staatspräsident Frederik de Klerk heute in Bonn empfangen wird, kann er über den Erfolg seiner Goodwilltour durch die wichtigsten westeuropäischen Staaten vollauf zufrieden sein. Bundeskanzler Kohl, Bundespräsident Weizsäcker und auch Außenminister Genscher werden ihn freundlicher empfangen als seinen Vorgänger P.W. Botha. In diplomatischen Kreisen wird betont, daß de Klerk wichtige Reformen der Apartheidpolitik eingeleitet und damit einige der Bedingungen bereits erfüllt habe, von denen die Aufhebung der Sanktionsbeschlüsse der Europäischen Gemeinschaft abhänge. Was de Klerk noch schuldig bleibt, und dies betonten auch Politiker der Grünen und SPD, sei eine Aufhebung aller Ausnahmegesetze, eine Amnestie aller politischen Gefangenen sowie für die Tausenden von ANC -AnhängerInnen im Exil.

Vor seiner Ankunft in Bonn hatte de Klerk den vermutlich angenehmsten Teil seiner Europa-Tournee hinter sich gebracht. Er traf am Samstag in Chequers mit der britischen Premierministerin Margaret Thatcher zusammen. Nur rund hundert Anti-Apartheid-Aktivisten hatten sich vor dem Landsitz von Thatcher eingefunden. Das neunzigminütige Gespräch sei „extrem freundschaftlich“ verlaufen, gab ein Regierungssprecher bekannt. Thatcher hatte bereits nach der Freilassung Nelson Mandelas im Februar sämtliche Sanktionen gegen Südafrika, an die sie nicht durch internationale Verträge gebunden war, im Alleingang aufgehoben. Am Freitag verhandelte de Klerk in London nun mit britischen Industriellen über konkrete Wirtschaftsprojekte. Die Namen der Teilnehmer wurden jedoch geheimgehalten.

Thatcher versicherte am Samstag erneut, daß Sanktionen „eine Sache der Vergangenheit“ seien. De Klerk bedankte sich bei ihr für Großbritanniens „führende Rolle“ in dieser Angelegenheit. Allerdings wiederholte die Premierministerin ihre Forderung an ihre EG-Kollegen nicht, die Sanktionen ebenfalls zu lockern. Dafür sei er auch nicht nach Europa gekommen, meinte de Klerk. Er wolle einen „psychischen Wandel in der Einstellung zu Südafrika“ herbeiführen. Der 'Independent on Sunday‘ verglich gestern de Klerks Situation mit der Gorbatschows. Bei beiden hänge das politische Überleben davon ab, inwieweit „die Europäer das Unvermögen tolerieren, Worte in Taten umzusetzen“. Thatcher betonte jedoch, daß de Klerk fast alle Forderungen erfüllt habe, die sie bei dem letzten Treffen vor elf Monaten erhoben hatte. Der südafrikanische Präsident kündigte seinen Rücktritt an, falls sein Reformpaket von den Weißen abgelehnt würde.

Die Sanktionspolitik kam gestern auch beim EG Außenministertreffen in Kerry/Südwestirland zur Sprache. Über eine Aufhebung des Boykotts von Eisen, Stahl und Goldmünzen aus Südafrika wird die EG jedoch erst auf dem Dubliner Gipfel am 25./26. Juni beraten. Die irische Regierung trat bisher nachdrücklich für eine Beibehaltung der Sanktionen ein und hatte zwar Mandela, nicht jedoch de Klerk nach Dublin eingeladen. Außenminister Gerard Collins, zur Zeit Vorsitzender des Europäischen Rates, sagte vergangene Woche bei einem kurzen Gespräch mit de Klerk in Brüssel, daß eine deutliche Mehrheit in der EG zur Beendigung der Sanktionen tendiere. Nelson Mandela forderte indes bei seiner Tour durch Afrika die Beibehaltung der Sanktionen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen