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„Die Spaltung ist eine Sünde“

Die Predigt des Bischofs Otto Spülbeck, Apostolischer Administrator des Bistums Meißen  ■ D O K U M E N T A T I O N

„Die Kirche, das Zeichen Gottes unter den Völkern“ ist die Parole des Katholikentages. Dieses Wort findet sich beim Propheten Isaias 11,12. Er hat damals aus der großen Not des auserwählten Volkes heraus gesprochen. Das Volk war getrennt. Samaria mit dem Nordreich war das Opfer der Assyrier geworden (...). Judäa und Jerusalem paktierten mit der anderen Großmacht, mit Ägypten. So war das Volk des Herrn gespalten. (...) In dieser Not sprach der Prophet das Wort von der Einheit des Volkes (...). Diese Zusammenführung sei für alle Heidenvölker das große Zeichen des lebendigen Gottes. Wenn wir heute diesen Bericht lesen, merken wir, wie sehr der Prophet zu uns spricht. Sind wir nicht das gespaltene Volk? Was Samaria und Jerusalem damals geschah, ist unser Schicksal geworden.

Die erste Antwort aus dem Raum der Kirche lautet: Die Trennung unseres Volkes ist die Sühne für soviel Schuld, die wir auf uns geladen haben. Wir müssen sie als Genugtuung leisten für all das Böse der vergangenen Jahre. (...) Die zweite Antwort lautet: Wir geben uns ganz in die Hand Gottes und vertrauen auf seine Vorsehung. Die Spaltung unseres Vaterlandes mag Sühne sein, ist auf jeden Fall ein Kreuzweg und wird, solange es Gott will, uns auferlegt bleiben. Wir werden daher geduldig durchhalten und Gott bitten, er möge uns die Kraft geben, das Kreuz zu tragen. (...) Die dritte Antwort (...) bejaht all das, was die anderen schon gesagt haben. (...) Aber diese dritte Antwort sagt: Die Spaltung ist ein Unrecht vor Gott, sie ist eine Sünde. Und eine Sünde kann man nicht einfach hinnehmen, sondern man muß mit aller Kraft des Herzens und des Willens gegen sie angehen. Die Trennung ist eine Sünde gegen die Gerechtigkeit, und in diesem Auseinanderreißen unseres Vaterlandes toben sich die bösen Gewalten aus, an deren Spitze der Diabolus, der 'alles auf den Kopft stellende‘, der Satan steht. (...) Amen.“

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