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Nach Meuterei jetzt Untersuchungsausschuß

■ Hamburg: Der Gefangenen-Aufstand von „Santa Fu“ bekommt ein parlamentarisches Nachspiel / Antrag der CDU-Fraktion

Hamburg (taz) - Die CDU-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft wird einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuß (PUA) beantragen, der sich mit der Meuterei im Gefängnis „Santa Fu“ befassen soll. Fraktionsvorsitzender Rolf Kruse begründete den Antrag damit, daß die Ergebnisse des letzten Untersuchungsausschusses zum Strafvollzug von 1986 nicht umgesetzt worden seien. Die Bürgerschaft wird sich voraussichtlich am 27.Juni mit dem Antrag befassen. Der Einsetzung eines PUA muß dann ein Viertel der Abgeordneten zustimmen; auf diese Stimmenzahl kommt die CDU-Fraktion alleine.

Daß ausgerechnet die CDU auf die Umsetzung der Ergebnisse des PUA von 1986 dringt, mutet jedoch seltsam an: Das parlamentarische Gremium hatte damals gegen die Stimmen der CDU-Ausschußmitglieder beschlossen, den Strafvollzug in Hamburg weiter zu liberalisieren. Die spektakuläre Flucht einiger Inhaftierter über die Mauer des Gefängnishofes im Herbst 1984 hatte der CDU damals den Anlaß zu parlamentarischen Untersuchungen geliefert. Statt des „Justizskandals“, den die CDU so aufdecken wollte, ergaben die Recherchen, daß Vollzugslockerungen keine Bedrohung für brave Bürger darstellen: In Hamburg lag und liegt die Zahl derer, die nicht aus dem Hafturlaub zurückkehren, unter dem Bundesdurchschnitt. Außerdem stellte der PUA 1986 fest, daß die Quote der Beanstandungen zwischen 1977 und 1984 um ein Drittel zurückging, während sich gleichzeitig die Zahl der Urlaubsgewährungen verdoppelte. Mit dem Ergebnis konfrontiert, sagte eine CDU-Sprecherin gestern lediglich, es habe ja auch ein Minderheitenvotum gegeben.

Der Knastalltag in Fuhlsbüttel soll in dieser Woche langsam wieder normalisiert werden: Die Gefangenen müssen wieder arbeiten, Besuche dürfen sie nach einer Anweisung der Jusitzbehörde jedoch vorerst nicht empfangen. Über die strafrechtlichen Konsequenzen für die rund 250 Meuterer war von den Behörden gestern nichts zu erfahren.

Donata Riedel

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