Nato reicht die Hand und will Deutschland

■ Abschlußkommunique der Nato-Außenminister bleibt beim alten

Turnberry (afp/dpa/ap/taz) - In ihrem Abschlußkommunique haben die Nato-Außenminister gestern im schottischen Turnberry mit aller Deutlichkeit und Unmißverständlichkeit darauf beharrt, daß das vereinte Deutschland sowohl militärisch als auch politisch der Nato angehören solle. Auf dem Territorium der DDR sei man aber bereit, keine Nato -Truppen zu stationieren, um „die legitimen Sicherheitsinteressen“ der Sowjetunion zu berücksichtigen. Diese Formulierung wurde offenbar auf deutschen Wunsch und gegen den Willen der US- und Nato-Militärs gewählt, die lediglich an eine Übergangsperiode von sieben Jahren denken, in denen in der DDR weiter sowjetische Truppen verbleiben könnten und gleichzeitig keine Nato-Truppen stationiert werden. Sowohl Nato-Generalsekretär Wörner als auch US -Außenminister Baker gaben sich optimistisch, daß die Sowjetunion die Nato-Mitgliedschaft Gesamtdeutschlands bald akzeptieren werde. Diesen Optimismus strahlt der Westen schon seit einiger Zeit aus, ohne bedeutende Zugeständnisse zu machen oder konkrete Anhaltspunkte für einen sowjetischen Sinneswandel zu benennen. Auch die britische Premierministerin Margaret Thatcher, die gestern in Moskau mit Gorbatschow zusammentraf, war hoffnungsfroh. Ob sie allerdings mit Gorbatschow auch über die von ihr gewünschte Stationierung einer neuen Generation von US-Atomwaffen auf bundesdeutschem Boden redete, war nicht bekannt. Die Nato -Außenminister hatten in ihrer „Botschaft von Turnberry“ verkündet, der Westen reiche der Sowjetunion „die Hand zu Freundschaft und Zusammenarbeit“. Im folgenden wurde der ständige Nato-Rat der Botschafter beauftragt, die Vorarbeiten für ein zweites Wiener Abkommen (VKSEII) zu leisten, in dem über eine weitere Begrenzung der Streitkräfte der Großmächte in „Zentraleuropa“ - auch über die Stärke der Bundeswehr verhandelt werden soll. Moskau hatte wiederholt schwere Bedenken geltend gemacht, daß gesamtdeutsche Streitkräfte den Umfang aller Soldaten beider Supermächte in Europa übertreffen könnten.

Für die Nato ist klar, daß sich die Aufgaben der KSZE mit denen der Nato ergänzen und nicht ersetzen. Dennoch sei man sich der wachsenden Bedeutung des KSZE-Prozesses bewußt. Die vorgestern abend beendete Jahreskonferenz der sieben Staaten des Warschauer Pakts in Moskau hat sich für eine Demokratisierung und Innovation des Bündnisses ausgesprochen. In einer Abschlußerklärung heißt es, jetzt müsse die Umwandlung in eine Organisation souveräner und gleichberechtigter Staaten, die auf demokratischen Prinzipien beruht, in die Wege geleitet werden.

AS