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„Haste mal 'ne Mark?“ - Pfandspraydosen

■ Rheinländer drängen mit Recycling auf den Spraydosenmarkt / Süddeutscher ersetzt Treibmittel FCKW

Die niederrheinische Firma Econ-Air hat dem Weißblechmüllberg den Kampf angesagt. Auf der letzten Hannovermesse stellten die Espelkämper ein Spraysystem vor, das statt Treibgas oder Propan/Butan ausschließlich mit Druckluft zum Versprühen der Spraymittel arbeitet. Ein weiterer Öko-Hit der Spraydosenbauer: Die Weißblechzylinder sind im Mehrwegverfahren einsetztbar: Nach Angaben des Herstellers läuft eine Dose etwa 20 mal zwischen Verbraucher und Abfüller.

672 Millionen Spraydosen türmen sich pro Jahr im bundesdeutschen Müll auf. Ob Haarspray oder Kontaktspray, ob Enteiser, Schlagsahne oder Desinfektionsspray aus privaten Haushalten, ob industriell verwendetes Trenn spray oder Silikonspray: Überall stapeln sich die Druckluftzylinder, meist noch mit FCKW oder anderen Resttreibmitteln. 386 Millionen Spraydosen könnten die herkömmlichen Weißblech-und Aluleichen nach dem neuen Herstellungs- und Abfüllprinzip ersetzen. Die neuen Dosen sind dabei nicht einmal teurer als ihre umweltschädlichen Vorgänger: Sie kosten zwar das doppelte, beinhalten aber auch die zweifache Menge, weil der prozentuale Volumenanteil der Treibmittel wegfällt.

Das Prinzip läuft so: Die Spraydosen werden an bestimmte Großhändler abgegeben, die ihren Kunden eine Mark Pfand pro Dose berechnen. Ist eine bestimmte Menge Dosen zurückgelaufen, bestellen die Händler per Postkarte einen Rückholauftrag. Econ-Air läßt die Dosen abholen,

vergütet per Scheck die zurückgegebenen Dosen und füllt sie neu auf. 3.000 Dosen produzieren die Niederrheiner bisher täglich, von September an sollen 20.000 Stück produziert werden.

Die Mittel sind von der handelsüblichen 400 Milliliter -Flasche bis zum praktischen 200-Liter-Kanister zu haben. Eingedost stehen sie unter einem Druck von acht bis neun bar. Mittlerweile hat der TÜV seine GS-Plakette für Sicherheit auf die Econ-Dosen gedrückt, die einzelnen Substanzen sind beim Umweltbundesamt registriert unter einer Kennummer. ma

Wenn Claus-Dieter Koetke auf den Knopf drückt, versprüht seine Spraydose genauso gleichmäßig ihren Inhalt wie Dosen, bei denen das jetzt mit Verbot belegte ozonkillende Treibgas FCKW im Spiel ist. Auch rein äußerlich unterscheidet die neue Sprayose nichts von ihrer umweltschädlichen Schwester. Die Öko-Spraydose kommt ohne mühseliges Pumpen ebenso aus wie ohne schadstoffhaltige Ersatztreibgase.

Das Prinzip, das der Inhaber einer kunststoffverarbeitenden Firma im Dörfchen Reinstorf bei Bodenteich nahe Uelzen ausgetüftelt hat, ist verblüffend einfach. Koetkes „Ei des Columbus in der (Spray)-Dose“ ist ein simpler dünnwandiger Innenbeutel aus Kunststoff, der das Treibmittel vom Inhalt trennt. Haarspray, Deo oder Schlagsahne wird im Beutel zusammengedrückt und auf Knopfdruck versprüht.

Die neue Spraydose sorgt nicht nur für eine saubere Trennung von Inhalt und Treibmittel, das in der Dose bleibt.

Billige Druckluft ersetzt schädliche, zumindest feuergefährliche Treibgase. Und auch die Dose selbst kann statt aus teurem, energieaufwendig produziertem Aluminium aus billigem Weißblech gefertigt werden. M. Buckup, dp

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