„Die Angst ist weg“

■ Die Geschenke des spanischen Michel beim 3:0 über Südkorea: Ein Hattrick und ein Trikot; und ein Klassename: Jose Miguel Gonzales Martinez del Campo

Udine (dpa) - Es war ein königlicher Abend, auch wenn Juan Carlos nicht auf der Tribüne saß. Es war der Abend des spanischen Michel. Beim 3:1-Sieg von Spanien über Südkorea in Udine bestieg Jose Miguel Gonzales Martinez del Campo in glanzvoller Manier den Thron; mit seinen drei Treffern, einer schöner als der andere, öffnete der Fußball-Star Michel den Spaniern die Tür zum WM-Achtelfinale und empfahl sich selbst für die Krone des Torschützenkönigs.

Nach dem Schlußpfiff führte der Weg den Mittelfeldspieler von Real Madrid schnurstracks zur Haupttribüne. Er warf seiner Mutter einen Handkuß und seinem Vater das Trikot mit der Rückennummer 21 zu. „Ihnen bin ich Dank schuldig. Denn sie haben als einzige immer an mich geglaubt“, sagte Michel später.

Für den 27 Jahre alten Madrilenen ging gegen die Asiaten zugleich eine sportliche Durststrecke zu Ende; nach seinem schwachen Auftreten im ersten Spiel gegen Uruguay hatten viele Michels Kopf gefordert. Trainer Luis Suarez meinte süffisant zu spanischen Journalisten: „Nach Ihrer Meinung sollte Michel heute ja nicht spielen. Gott sei dank habe ich das nicht befolgt.“

So sorgte Michel in seinem 45. Länderspiel gemeinsam mit seinen Klubkameraden Martin Vasquez und Emilio Butragueno gewissermaßen für die Wiedergeburt von Real Madrid. „Eine Sternstunde für den spanischen Fußball. Michel hat uns befreit. Ich glaube, wir werden künftig das wahre Spanien sehen, das zur Überraschung dieser WM werden kann“, jubelte Alfredo di Stefano, das Idol aus glorreichen Real-Zeiten.

Auch Luis Suarez ist davon überzeugt, daß dank Michel der Knoten bei den Spaniern geplatzt ist. „Drei Tore und drei weitere klare Chancen ist das Beste, was wir geschafft haben. Wir können noch viel besser spielen. Aber jetzt ist die Angst vor dem Ausscheiden weg - und nun können wir sogar die Belgier schlagen“, meinte der 55 Jahre alte Trainer. Tatsächlich wird Vasquez als „Lenker“ immer stärker, wovon Michel und auch Butragueno profitieren, dessen Tor-Rekord der WM 1986 in Mexiko (vier Treffer beim 5:1 gegen Dänemark) durch Michel ernsthaft gefährdet war.

Freilich waren die Koreaner auch zu schwach, um Spanien ernsthaft gefährden zu können. „Uns hat die Kraft gefehlt und Spanien war zu gut“, meinte Trainer Hoe-Taik Lee. Allerdings könnten sich die Asiaten bei einem Sieg über Uruguay am Donnerstag noch für die zweite Runde qualifizieren.

Solche Sorgen braucht sich Spanien nicht mehr zu machen. Das einzige Problem für den Star von Udine stellte die Dopingkontrolle dar. Mehr als eine Stunde brauchte Michel, ehe er seiner Pflicht nachkommen konnte.

Doch seine Fans und die Medien-Vertreter harrten aus: Als Michel schließlich um 0.24 Uhr aus der Kabine kam, leuchteten die Scheinwerfer auf und die Fragen prasselten auf den Spanier nur so nieder. Der Bus mit den anderen Spaniern war schon lange abgefahren und Michel hielt immer noch Hof.

Südkorea: In-Young Choi - Myung-Bo Hong - Kang-Hee Choi, Deuk-Yeo Yoon, Sang-Bum Gu - Kwan Hwangbo, Kyung-Hoon Park (70./Jong-Soo Chung), Hae-Won Chung (53./Soo-Jin Noh), Joo -Sung Kim - Bung-Yoo Byun, Soon-Ho Choi

Spanien: Zubizarreta - Andrinua - Chendo, Sanchis, Gorriz Michel, Roberto (82./Bakero), Vazquez, Villaroya - Salinas, Butragueno (77./Gomez)

Schiedsrichter: Elias Jacome Guerrero (Ekuador)

Zuschauer: 35.000

Tore: 0:1 Michel (24.), 1:1 Kwan Hwangbo (43.), 1:2 Michel (61.), 1:3 Michel (81.)