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Der Westen ist blockiert

■ Nach dem Nato-Gipfel: Hängepartie für Gorbatschow

Die Nato, so der sowjetische Präsident Gorbatschow im Anschluß an den Gipfel in London, hat einen Schritt in die richtige Richtung getan. Aber, das kann es ja wohl nicht gewesen sein. Die Nato kann über diese Reaktion nicht erstaunt sein, denn wer Erwartungen weckt, muß sich später auch daran messen lassen. Als historische Zäsur, als wichtigstes Treffen in der Geschichte der Allianz war der Londoner Gipfel im Vorfeld gehandelt worden. Nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine sicherheitspolitische Neuordnung Europas für die Epoche nach dem Kalten Krieg sollte in London entworfen werden, doch als das Konklave im Lancaster House zu Ende ging, fehlte der weiße Rauch. Die Nato ist in sich blockiert, darüber konnten auch die Kompromißvorschläge der Amerikaner nicht hinwegtäuschen.

Kohl und Genscher, das muß man ihnen lassen, haben sich alle Mühe gegeben, doch die grundsätzlichen Interessenkonflikte innerhalb der Allianz waren nicht aufzulösen. Dabei ist Kohls Handeln von einer simplen Prämisse bestimmt. Mit Gorbatschow ist die deutsche Einheit zu realisieren, kippt der sowjetische Präsident, weiß niemand, was kommt. Deshalb möchte Kohl den Sowjets militärisch entgegenkommen, deshalb will Kohl möglichst schnell ein ökonomisches Unterstützungsprogramm. Der Thatcher-Regierung sind diese Motive eher suspekt. Auf die deutsche Einigung kann sie getrost verzichten, statt dessen möchte sie die special-relationship zu den USA möglichst lange konservieren. Bush sitzt zwischen den Stühlen und macht die Kompromißvorschläge.

Dennoch muß die Entscheidung, wie der Westen sich letztlich gegenüber Gorbatschow verhalten soll, in den USA fallen. Die amerikanische Administration weiß nach wie vor nicht, ob sie die Politik des sowjetischen Präsidenten aktiv unterstützen soll oder weiterhin passiv abwartet. Das wird auch der gestern begonnene Weltwirtschaftsgipfel in Houston zeigen. Man kann aber auch durch Nichtverhalten eine Entscheidung herbeiführen. Scheitert die Perestroika, kann Bush immer darauf verweisen, wie recht er doch mit seiner Vorsicht hatte. Die amerikanische Rechte aber wäre endlich am Ziel und die Sowjetunion da, wo sie die UdSSR schon immer haben wollten - auf dem Weg in einen Dritte-Welt-Staat. Noch ist unklar, wie lange Bush überhaupt noch Spielraum für eine Entscheidung hat, doch auch für die USA gilt: wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Jürgen Gottschlich

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