Autonome und Skinheads im Gespräch

■ Talkshow mit rechten und linken Jugendlichen morgen abend in Ost-Berlin / Skepsis bei Autonomen

Prenzlauer Berg. Autonome und Skins, die sich mit Brechstangen auf die Köpfe hauen, Rechtsradikale, die Jagd auf Ausländer machen, rechte Schlägertrupps, die besetzte Häuser stürmen wollen: der Alltag am Prenzlauer Berg ist in den vergangenen Monaten immer gewalttätiger geworden. Eine humanere Auseinandersetzung ist denn auch Ziel einer ungewöhnlichen Talkshow, die morgen abend in der Akademie der Künste in der Herrmann-Matern-Straße stattfinden soll. Ihr Titel: Mit Eisen- stangen und Brandgeschossen. Ihre Gäste: Autonome, Rechtsradikale, Vertreter von Polizei, Parteien und Bürgerbewegungen.

Veranstalter des ungewöhnlichen und bisher wohl einmaligen Gesprächsversuchs ist der Ostberliner „Verein zur Förderung Freies Radio“ in Zusammenarbeit mit dem „Kunstverein Tacheles“. Das „Tacheles“ war im Frühsommer von einem Trupp Skinheads überfallen worden, mehrere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. „Es geht uns darum, die Leute von der Straße zu bringen!“ meint eine Initiatorin der Talkshow zur taz. Anstatt sich gegenseitig die Zähne einzuschlagen, sollen die Kontrahenten am Donnerstag abend Argumente austauschen. Einige der Fragen: Welche Konsequenzen sind aus der gewalttätigen antifaschistischen Demonstration in Lichtenberg zu ziehen? Was passiert nach einer professionellen Ausrüstung der Vopos durch ihre westlichen Kollegen? Was hat man sich unter einem „heißen Herbst“ in der DDR vorzustellen?

Schwierigkeiten mit der Gästeliste gab es bei der Vorbereitung der Talkshow. Während Vertreter der neonazistischen „Nationalen Alternative“ ihr Erscheinen zusicherten, reagierten die meisten Autonomen eher ablehnend auf die Einladung zum Gespräch. Ein Bewohner eines von Autonomen besetzten Hauses in der Luttumstraße erklärte die Zurückhaltung so: „Die Faschos ziehen doch ohnehin nur ihre Show ab. Da haben wir rhetorisch gar keine Chance und kämen so oder so nicht zu Wort.“ Außerdem, so befürchtet der Autonome, würden die „Faschos“ durch eine solche Veranstaltung demokratisch aufgewertet. In einer Kneipe wäre ein solches Gespräch „schon okay. Aber vor der Presse? Ich bin doch nicht verrückt!“

Die VeranstalterInnen rechnen trotzdem mit dem Erscheinen einiger „echter“ Autonomer. Fest zugesagt haben Vertreter des „Revolutionären Autonomen Jugendverbandes“ und der neonazistischen „Nationalen Alternative“. Erwartet werden außerdem Bärbel Bohley (Neues Forum), Ulrike Poppe (Demokratie Jetzt), Jutta Braband (Vereinigte Linke) sowie der Direktor der Humboldt-Universität und der Leiter der Volkspolizei Lichtenberg.

marc

Veranstaltungsort ist der Konrad-Wolf-Saal in der Ostberliner Akademie der Künste. Beginn der Talkshow: Donnerstag, 12.7. um 20 Uhr. Der Eintritt beträgt 4 Mark 50.