: Treibsatz für die DDR-Wirtschaft?
■ Der erfolgreich gestartete Satellit Kopernikus2 soll deutsch-deutschen Telefonverkehr für Unternehmen verbessern / Private Kunden gehen leer aus / Mehr Fernsehprogramme
Von Gerd Rosenkranz
Berlin (taz) - Nach dem Bilderbuchstart der Ariane -Trägerrakete 44-L vom Raumfahrtzentrum Kourou in der Nacht zu Mittwoch können sich die Deutschen beiderseits der ehemaligen Grenze vor allem auf eins gefaßt machen: Auf noch mehr Fernseh- und Rundfunkprogramme aus dem All und weitere Kommunikationsdienste für die Wirtschaft. Wer allerdings geglaubt hatte, mit der Plazierung des Fernmeldesatelliten DFS Kopernikus2 im Orbit werde sich kurzfristig die deutsch -deutsche Telefonmisere entschärfen, ist der Propaganda des Betreiberunternehmens Telekom aufgesessen.
Die Bundesposttochter hatte im Vorfeld des Ariane-Starts öffentlichkeitswirksam die „besondere Bedeutung“ des Satelliten für die „Verbesserung der Telekommunikationsinfrastruktur in der DDR“ in den Vordergrund geschoben, um so der Kritik an der superteuren Technologie die Spitze zu nehmen. Gestern erklärte Telekom -Vorstandsmitglied Gerd Tenzer in Berlin, Kommunikationssatelliten könnten den Ausbau des Telefonnetzes in der DDR, für den die Post in den kommenden sieben Jahren 55 Milliarden DM hinblättern will, nicht ersetzen. Das ist leicht untertrieben. Frieda Normalverbraucherin und Dieter Durchschnitt werden sich bis auf weiteres die Finger wundwählen müssen. Die Segnungen von Kopernikus2 im Telefonbereich sollen ausschließlich „zur Ankurbelung der Volkswirtschaft auf dem Gebiet der DDR während einer Übergangsphase wertvolle Hilfe“ leisten, bremste Tenzer die Erwartungen privater Postkunden.
Bundesdeutschen Unternehmen mit Neupartnern in der DDR bietet Telekom unter anderem einen Satellitendienst mit dem schönen Namen Diva - das steht für: „Direkte Verbindung über Ausnahmehauptanschlüsse“ - an, der das bundesdeutsche Telefonnetz praktisch auf DDR-Territorium verlängert. Unter einer bundesdeutschen Nummer können DDR-Firmen dann aus dem Bundesgebiet erreicht werden und umgekehrt. Telefonieren in der DDR selbst ist über diese Leitungen nicht möglich. Außerdem wird sich nach der Inbetriebnahme von Kopernikus2, die Tenzer für Anfang September erwartet, die Zahl der satellitengebundenen Fernsprechleitungen zwischen West -Berlin und dem Bundesgebiet auf 1.800 verdoppeln.
Nach Kopernikus2 will die Bundesposttochter nun „bei entsprechendem Bedarf“ schon 1991 einen dritten Satelliten der Reihe ins All befördern lassen. Dieser Start war ursprünglich lediglich bei Totalausfall eines der Trabanten vorgesehen. Für Kopernikus3 will man offenbar die in um russische und chinesische Trägerraketen erweiterte internationale Konkurrenz bei den Transportsystemen nutzen. Der Satellit soll nach einer internationalen Ausschreibung mit der billigsten Rakete auf seine geostationäre Position 36.000 Kilometer über dem Äquator geschickt werden. Kopernikus2 hat inklusive Transport ins All nach Angaben Tenzers „an die 400 Millionen DM“ verschlungen. Für die großen Erdfunkstellen kommen weitere 100 Millionen hinzu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen