: Kein Big Mäc für den Alexanderplatz
■ Erste Ostfiliale von McDonald's in Plauen eröffnet / Konzern will DDR-Gaststättenkultur verbessern / Verantwortung für Regenwaldabholzung wegen Weideflächen bestritten: „Weltweit kein südamerikanisches Rindfleisch verarbeitet“
Ost-Berlin. Herr Rettenwender war verstimmt. Dabei hatte es sich der Vorstandsvorsitzende der McDonald's Deutschland Inc. so schön ausgedacht: Nachdem das große M selbst in Moskau unübersehbar in die Zukunft leuchtet, sollte anläßlich der Erstürmung des DDR-Marktes durch „Big Mäc“ auf dem Alexanderplatz ein mobiler Stand der Firma den Ostberlinern den hohen Standard der westlichen Eßkultur nahebringen. Doch daraus wurde nichts. In letzter Sekunde, so Rettenwender, habe das Bezirksamt Mitte die Stellgenehmigung für den rollenden Hamburger verweigert.
Der persönliche Mitarbeiter für internationale Beziehungen des Bezirksbürgermeisters, Sahm, zur taz: „Die internationalen Geschäftsgebahren des Konzerns - so die Abholzung südamerikanischen Regenwaldes zur Gewinnung von Weideflächen - haben uns dazu veranlaßt, eine Standgenehmigung nicht zu erteilen. Auch wäre es zum Beispiel den vielen kleinen Ost- und Westberliner Händlern rings um den Alexanderplatz schwer verständlich, wenn wir ihnen einen solch übermächtigen Konkurrenten wie diesen Konzern vor die Nase setzen würden. Hinzu kommt, daß McDonald's seine Waren sehr verpackungsintensiv anbietet und wir bei uns dadurch nur noch mehr Probleme mit der Müllbeseitigung bekommen würden.“ Rettenwenders zweite Pleite: Da „mit Ausschreitungen zu rechnen sei“, könne ein im noblen „Grand Hotel“ geplanter Empfang der Firma nicht stattfinden. Näher wollte er sich jedoch dazu nicht äußern.
Doch nicht überall in der DDR wurden die Fastfood-Könige so schnöde abgewiesen wie im Bündnis-90-geführten Bezirksamt Mitte. So konnte der McDonald's-Boß gestern auf einer Pressekonferenz stolz verkünden, daß seine Firma noch in diesem Jahr die erste stationäre Ostfiliale eröffnen wird in Plauen. Dort, so der Chef aller deutschen Pappbuletten, bestünden „bereits seit den Zeiten des Runden Tisches gute Beziehungen“ zu den in der Kommune maßgeblichen Stellen. So gesehen wird das Argument, es sei lediglich „McDonald's Unternehmenskultur“ zu danken, daß der Konzern „das erste Restaurant weitab von Berlin in einer kleineren Stadt zu eröffnen“ gedenkt, etwas fadenscheinig. Sicher waren dort für den Konzern, der die Welt jährlich mit über 600 neuen Filialen beglückt, lediglich die Widerstände etwas geringer.
Rettenwender pries dann die durchweg positiven Folgen seines Engagements im Osten: „Noch immer gibt es in der DDR keine ausreichende Gaststättenkultur; die Leute werden unfreundlich bedient, müssen lange warten, oft ist das Angebot unzureichend.“ Auch bedeute jede Neueröffnung eines Hamburger-Shops neue Arbeitsplätze. Als er jedoch nach den Löhnen der zukünftigen Bulettenverkäufer gefragt wurde, flüchtete er sich in allgemeine Formulierungen: „Wir werden die in der DDR üblichen Tarife zahlen, die selbstverständlich zur Zeit noch unter denen der Bundesrepublik liegen.“ Selbstverständlich werde man daraus keinen Profit ziehen, sondern „die durch das günstigere Lohnniveau entstandenen Gewinne an den Verbraucher weitergeben.“
Zum Schluß kam Herr Rettenwender dann doch noch etwas ins Schleudern, als er nach der Verantwortung seines Konzerns für die Abholzung großer Gebiete des südamerikanischen Regenwaldes befragt wurde. Die abenteuerliche Antwort: „McDonald's bezieht weltweit kein südamerikanisches Rindfleisch.“
Olaf Kampmann
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