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Kommt Zeit - kommt Persilschein?

■ Ehemaliger Barschel-Vertrauter plant neue Polit-Karriere als Bürgermeister in Kiel

Kiel (taz) - Manche müssen lange auf ihren Persilschein warten, doch gelegentlich lohnt es sich. Eine der schillerndsten Figuren der Barschel-Affäre von 1987/88 steht derzeit vor ihrem politischen Comeback. Die Kieler CDU -Ratsfraktion hat den ehemaligen Finanzstaatssekretär Carl Hermann Schleifer gebeten, sich um den freigewordenen Bürgermeisterposten der Landeshauptstadt zu bewerben. Der Oberbürgermeister wird von den Sozialdemokraten gestellt, aber die Union hat das Vorschlagsrecht für den zweithöchsten politischen Job an der Förde.

Schleifer (Unions-Kosename: „Kalli“) war von 1983 bis 1988 Staatssekretär, galt als graue Eminenz im Kabinett, als Marionettenspieler eines gewissen Roger Asmussen, seinerzeit Wirtschaftsminister, und zudem als intimer politischer Freund des Uwe Barschel. Während jener Affäre wurde „Kalli“ zum wichtigen Zeugen im Untersuchungsausschuß, weil er Empfänger der anonymen Steueranzeige gegen den damaligen SPD-Oppositionsführer Björn Engholm war.

Darüberhinaus wurde Schleifer in den vergangenen Jahren immer wieder im Zusammenhang mit den südafrikanischen U-Boot -Geschäften der Kieler Großwerft HDW genannt. Seinen Posten als Staatssekretär verlor er 1988 noch vor dem Regierungswechsel in Kiel, weil er der ehemaligen CDU -Sozialministerin Ursula Gräfin Brockdorff ein Gnadenbrot für die Nach-Barschel-Zeit verschafft hatte.

Er machte seine Kabinettskollegin kurzerhand zur mit 10.000 Mark pro Monat besoldeten „Managerin“ eines landeseigenen Kulturzentrums. Auch wenn die Kieler Rats-CDU das Vorschlagsrecht für den Bürgermeisterposten hat, werden etliche SPD-Stimmen für die Wahl Schleifers gebraucht. Nach gängiger schleswig-holsteinischer Praxis in der Kommunalpolitik geschieht das meist ohne viel Aufhebens. Diesmal könnte eine Ausnahme von der Regel angesagt sein.

Jürgen Oetting

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