: Kritik an Übergangsregelung zum Paragraphen 175
Berlin (taz) - Die Übergangsbestimmung des deutsch -deutschen Einigungsvertrages zum Schwulenparagraphen 175 Strafgesetzbuch ist vom „Bundesverband Homosexualität“ (BVH) scharf kritisiert worden. Sie bedeute „eine Ausweitung der Strafbarkeit homosexueller Handlungen auf das Gebiet der DDR“, sagte gestern Volker Beck, Vorstandsmitglied des BVH, gegenüber der taz.
Nach der jetzt beabsichtigten Bestimmung werde der Paragraph auch in der DDR gelten, wenn einer der Beteiligten einer homosexellen Handlung im Sinne des Paragraphen 175 seine „Lebensgrundlage“ in der heutigen Bundesrepublik oder West-Berlin habe. In Berlin werde dies besonders absurde Folgen haben. „Da entscheidet dann die Frage, auf welcher Straßenseite ein Mann lebt, über Strafbarkeit oder Nicht -Strafbarkeit“. In Zukunft sei Strafe nur noch dann ausgeschlossen, „wenn zwei DDR-Bürger miteinander schlafen“. Beck verlangte deshalb die ersatzlose Streichung des Paragraphen 175 im Rahmen der Rechtsangleichung beider deutscher Staaten.
Die jetzige Übergangsregelung, die die Geltung des Sonderparagraphen auch in der DDR möglich macht, wurde installiert, weil sich die Bundesregierung nicht zu einer Abschaffung des Paragraphen 175 durchringen konnte.
In der DDR ist die Strafbarkeit homosexueller Handlungen zwischen Erwachsenen und Jugendlichen hingegen seit 1988 abgeschafft - dort gilt eine einheitliche Schutzaltersgrenze von 14 Jahren.
kotte
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen