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Kein Vertrauen in die neue nicaraguanische Währung

■ Eine Woche nach Einführung des Gold-Cordobas werden die Scheine gleich in US-Dollar umgetauscht / Wirtschaftsplan des Zentralbankchefs gescheitert

Aus Managua Ralf Leonhard

„Der Gold-Cordoba kehrt dorthin zurück, wo er herkommt“, höhnte Manuel Espinoza, der Direktor der oppositionellen Nachrichtensendung 'Extravision‘. Unmittelbar nach der Emission der neuen Währung bildeten sich lange Schlangen vor den Schaltern der Zentralbank. Staatsangestellte und Arbeiter, die letzten Montag ihr Gehalt teilweise in Gold -Cordobas ausbezahlt bekommen hatten, tauschten die neuen Scheine umgehend in US-Dollars um. Dafür müssen sie zwar eine Kommission von zwei Prozent zahlen, doch nehmen die meisten diesen Verlust gern in Kauf. „Auf dem Markt will das Geld keiner annehmen“, klagt Antonio Lopez, der bereits seit vier Stunden ansteht.

Seit dem 13. August zirkulieren in Nicaragua vier Millionen Gold-Cordobas - das sind zehn Prozent der gesamten umlaufenden Geldmenge - vorerst parallel zum alten Cordoba. Bis Jahresende soll das neue Geld das alte zur Gänze ersetzen. Doch die Bevölkerung begegnet ihm mit Mißtrauen. Auf dem Schwarzmarkt werden die glänzenden Scheine 25 Prozent unter ihrem Nennwert verkauft.

Auf den neuen Geldscheinen kommen die Konterfeis des Somoza -Attentäters Rigoberto Lopez Perez, des Guerillakommandanten German Pomares und des Gründers der Sandinistischen Befreiungsfront Carlos Fonseca Amador nicht mehr vor. Ihre Portraits werden ersetzt durch Patrioten aus der frühen Republik und durch Pedro Joaquin Chamorro, den „Märtyrer der Bürgerrechte“ und Ehemann von Präsidentin Violeta Chamorro, der 1978 im Auftrag Somozas ermordet wurde. Geblieben sind der Befreiungsheld der dreißiger Jahre, Augusto C. Sandino, und der Nationaldichter Ruben Dario - beides Persönlichkeiten, die jenseits des parteipolitischen Zwists stehen.

„Gold ist stabil, Gold ist wertvoll“ - seit Wochen wirbt ein metallbehangener Frauenhals in Fernsehspots für den Gold -Cordoba. Der heutige Zentralbankchef Francisco Mayorga hatte schon im Wahlkampf als Wirtschaftsberater Violeta Chamorros die Einführung einer neuen, konvertiblen Währung angekündigt. Der Gold-Cordoba sollte der schwindelerregenden Inflation der vergangenen Jahre ein Ende bereiten und der Bevölkerung Vertrauen einflößen. Mayorga versprach, daß die Dollarparität der neuen Währung während der ganzen sechsjährigen Amtsperiode stabil gehalten würde. Schon Monate bevor das neue Geld physisch vorhanden war, wurden Kreditzinsen bereits in Gold-Cordobas verrechnet und seit Juni auch die drastisch erhöhten Tarife für Strom, Wasser und Telefon.

Mayorga, ein Wirtschaftsprofessor mit Doktorhut von der renommierten Yale-Universität, wollte professionell vorgehen. Anders als die Sandinisten, die 1988 eine Währungsreform in alter Guerilla tradition als Nacht-und-Nebel-Aktion durchzogen, zog er es vor, die Währung an den US-Dollar anzubinden.

Nicaragua hat keine Goldreserven, um die Währung abzustützten, und aus den USA kommen zu wenig flüssige Devisen, die den Gold-Cordoba stabil halten könnten. Auch die angekündigte Produktionssteigerung unter dem neuen Team ist ausgeblieben. Francisco Mayorga mußte die Sperrung der Dollarkonten aller Staatsbetriebe verfügen, um sich den Zugriff auf zusätzliche Devisen zu sichern.

Schon zirkuliert das Gerücht, daß auch private Dollarkonten zwangsweise in Landeswährung verwandelt werden könnten. Es ist ein offenes Geheimnis, daß Francisco Mayorga nach dem Scheitern seines Wirtschaftsplanes im Kabinett auf der Abschußliste steht.

Dreiundreißig Abwertungsschübe bis Mitte August haben die Inflation noch weiter angeheizt. Zweimal wöchentlich wird der Treibstoffpreis angehoben, und in den Restaurants und Supermärkten werden seit einigen Wochen die Preise in Dollars angeschrieben und zum jeweiligen Tageskurs umgerechnet. 57.000 Cordobas zahlte man für einen Dollar, als Violeta Chamorro am 25.April den Amtseid ablegte. Inzwischen notieren die grünen Scheine zu 750.000 Cordobas.

Alles deutet darauf hin, daß der Dollar Anfang September die Millionengrenze durchbrechen wird. Die Zentralbank mußte Fünf- und Zehnmillionen-Banknoten in Umlauf bringen, um den Zahlungsverkehr handhabbar zu machen.

Als Francisco Mayorga in einer Pressekonferenz am 10. August die Ausgabe des neuen Geldes für den folgenden Montag ankündigte, war ein Teil der Scheine noch von der Druckerei in London via Miami unterwegs.

Entsprechend groß war zum Wochenbeginn das Chaos in den Banken. Der Buchhalter Emilio Zeledon pilgerte wie Tausende seiner Kollegen von einer Filiale zur nächsten, um seinen Scheck einzulösen: „Nirgends waren die neuen Scheine eingetroffen.“

Doch auch wer nach endlosem Schlangestehen schließlich ihre Gold-Cordobas in Händen hielt, wurde nicht glücklich. Denn bisher gibt es kein Kleingeld: Die verzeifelten Konsumenten hatten plötzlich Zehner, Zwanziger, Fünfziger und Hunderter in der Hand, auf die ihnen beim Einkauf keiner herausgeben konnte.

„Das ist zu kompliziert, umzurechnen“, erklärte eine Marktfrau. Ein Run auf die Zentralbank setzte ein. Nach zwei Tagen verfügte Mayorga, daß pro Person nur 50 Cordobas Oro umgetauscht werden dürfen.

Selbst im staatlichen Dollarladen wird der Gold-Cordoba diskriminiert.

Das Wechselgeld kommt nicht etwa in Form der nominell gleichwertigen Dollars, sondern als Kassenbon, der beim nächsten Einkauf verwendet werden kann. Außerdem schlägt die Kassierin auf den Warenpreis zwei Prozent drauf. Begründung: Das wird beim Wechseln auf der Bank abgezogen.

Die Regierungsmedien machen die sandinistische Propaganda für die zögernde Akzeptanz der Wunderwährung verantwortlich. Doch selbst Vertreter der Regierungskoalition wie der Großgrundbesitzer und Kaffeepflanzer Nicolas Bolanos, glauben nicht an den stabilisierenden Effekt der Währungsreform: „Die Währung kann nicht stabil gehalten werden, wenn die Produktion darniederliegt. Was wir brauchen, sind neue Produktionsanreize.“

Schließlich warnte auch Präsidentschaftsminister Antonio Lacayo, der Mann hinter dem Thron Violeta Chamorros, vor über- steigerten Erwartungen: „Der Gold-Cordoba ist keine magische Formel. Die Lösung liegt bei uns Nicaraguanern: wir müssen mehr arbeiten“.

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