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Bei drohender Scheidung gibt es keine Wohnung

■ Die Krupp Wohnungsbaugesellschaft in Essen schnüffelt auch das Privatleben ihrer zukünftigen MieterInnen aus

Von Bettina Markmeyer

Essen (taz) - Die Krupp Wohnungsbaugesellschaft in Essen hat von den Schnüffelpraktiken privater VermieterInnen gelernt. Zukünftige MieterInnen in den Wohnungen der ehemals gemeinnützigen Gesellschaft müssen nicht mehr nur genaue Auskünfte über Einkommen und Schulden machen. In einem internen Papier aus dem Frühsommer dieses Jahres, das jetzt bekannt wurde, hält die Krupp-Wohnungsbau ihre MitarbeiterInnen zudem an, die InteressentInnen zu überprüfen, um zu entscheiden, ob jene „zu dem zur Vermietung anstehenden Objekt passen“. Außerdem sollen sie die zukünftigen Krupp-MieterInnen nach ihrem Eheglück befragen: „Die Wohnungsvermittlung ist hier im Gespräch mit den Nachfragern in ganz besonderer Weise durch kluge und vorsichtige Fragen gefordert.“

Wer eine der 13.500 Krupp-Wohnungen in Essen haben will, muß einen schriftlichen „Einkommensnachweis“ seines Arbeitgebers, eine Selbstauskunft bei der Schufa und ein Führungszeugnis des bisherigen Vermieters vorlegen. Der muß darin nicht nur die pünktliche Zahlung der Miete attestieren, sondern auch, daß sein Mieter nicht gegen die Hausordnung verstoßen hat. Wer zu diesen Auskünften nicht bereit ist, so der Hauptabteilungsleiter bei der Krupp -Wohnungsbau, Klaus Silberberg, für den „gibt es keine Wohnung“.

Silberberg hat auch die übrigen Kriterien für die verschärfte MieterInnenbefragung bei der zweitgrößten Essener Wohnungsbaugesellschaft entwickelt. So haben scheidungsgefährdete Eheleute bei Krupp praktisch keine Chance mehr. Lohnpfändungen seien die häufige Folge von Unterhaltsansprüchen und könnten zu Mietrückständen führen. Werde diese „schicksalhafte Entwicklung erkannt, unterbleibt die Vermietung an Werksfremde immer und bei Werksangehörigen (der Krupp-Werke, die Red.) in aller Regel auch“. Die Landesregierung hat vergangenen Dezember einen Bericht für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich vorgelegt, wonach VermieterInnen aber nur Angaben „zur Abschätzung des Mietrisikos“, also solche nach der Zahlungskraft zukünftiger MieterInnen, erfragen dürfen. „Auf Bedenken stoßen grundsätzlich Fragen nach Verlobung, Trennung oder Scheidung.“

SozialhilfeempfängerInnen teilt Krupp in zwei Klassen: „Die soziale Verträglichkeit“ von Familien, deren Miete vom Sozialamt direkt an die Wohnungsgesellschaft überwiesen wird, „ist besser“ und lasse daher die Anmietung einer Krupp -Wohnung meistens zu, im Gegensatz zum „Personenkreis“ alleinstehender SozialhilfeempfängerInnen, der „in seinem Sozialverhalten häufig nachlässig ist“. Das trifft oft Frauen mit Kindern, die auf dem Wohnungsmarkt kaum eine Chance haben.

Als Begründung für die Schnüffelei führt Klaus Silberberg „wirtschaftliche Gründe“ sowie „die Fürsorgepflicht gegenüber bereits bei uns wohnenden Mietern“ ins Feld. Auch die Kontrolle des sozialen Verhaltens künftiger MieterInnen ist nach Silberbergs Überzeugung notwendig, sonst drohe „in der Hausgemeinschaft nur Ärger“. Bei der Essener Arbeitsgemeinschaft Gemeinnütziger Wohnungsunternehmen zeigte man sich von den Krupp-Praktiken überrascht. Rechtlich ist gegen die Schnüffelei wenig zu machen. Das Dortmunder Landgericht wies im März letzten Jahres eine Klage des Dortmunder Mietervereins zurück, der sich gegen Mieteraushorchungen auf Fragebögen des Ruhr-Lippe -Siedlungsverbands zur Wehr setzen wollte. Nachdem jedoch auch die Landesregierung aus Datenschutzgründen einheitliche Regelungen für Fragebögen der landeseigenen Wohnungsgesellschaften verlangte, lenkte die Ruhr-Lippe ein. Dortmunder MieterInnen müssen heute nur noch ihr Einkommen und ihren Familienstand preisgeben.

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