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Saddam verdirbt der Finanzwelt die Jahresparty

Jahrestagung von IWF und Weltbank: Freude über die Heimkehr des Ostblocks ins westliche Finanzsystem wird von den Folgen der Golfkrise verdrängt  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Dies sind geschäftige Zeiten für die Ökonomen dieser Welt. Als die ersten Repräsentanten des globalen Bankenwesens und der internationalen Finanzadministration Mitte der Woche zur Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank (WB) in Washington eintrafen, da waren die Ökonometriker der Finanzinstitute noch fieberhaft damit beschäftigt, ihren Prognosemodellen für die wirtschaftliche Entwicklung den Ölschock zu verpassen.

Saddam Hussein treibt nicht nur die volkswirtschaftlichen Rechner zu Überstunden, er hat auch der Finanzwelt ihre diesjährige Party verdorben, auf der eigentlich die Heimkehr des exsozialistischen Lagers unter die kapitalistischen Fittiche des internationalen Finanzsystems gefeiert werden sollte. Statt dessen werden nun in den nächsten Tagen die Auswirkungen der Golfkrise im Mittelpunkt der Beratungen stehen. Seit gestern beschäftigen sich die Vertreter der Gruppe von 24 Entwicklungsländern mit der Frage, wer denn zu den Verlierern des Ölpreisanstiegs zählt und wie diesen Ländern möglichst schnell und unbürokratisch geholfen werden kann.

Am Samstag treffen die Finanzminister der Gruppe der sieben einflußreichsten Industrieländer zusammen, um ihre unterschiedlichen Ansichten über das Verhältnis von Inflationsbekämpfung und Wachstumsförderung abzustimmen. Das dürfte nach dem Ölpreisschock und den jüngsten negativen Wirtschaftsdaten für die dahindümpelnde US- Ökonomie noch schwieriger werden. George Bush hatte bereits vor einigen Tagen zu erkennen gegeben, daß ihm eine Zinssenkung durch die Federal Reserve Bank in den politischen Kram passe, um die Rezession doch noch zu verhindern. Die Europäer glauben dagegen im Verein mit dem IWF, daß die USA die Inflationsgefahr noch nicht genügend unter Kontrolle hat. Ursache des sich anbahnenden Streits ist ein Phänomen, das schon in den 70er Jahren für verdutzte Ökonomen-Gesichter sorgte: die Stagflation in den USA.

Wenn die IWF/WB-Jahrestagung am 25. September offiziell beginnt, wird vor allem die schnelle Reaktion der Kreditinstitutionen auf die Bedürfnisse der von der Golfkrise besonders betroffenen Anrainerstaaten wie Jordanien und Türkei diskutiert werden. Und auch den Ländern Osteuropas muß noch mehr als bisher geholfen werden. Denn ihnen droht ein doppelter Ölpreisschock, wenn die Sowjetunion demnächst für ihr exportiertes Öl auch noch harte Währung sehen will.

Die Sowjetunion wird in Washington übrigens erstmalig mit einer offiziellen Beobachterdelegation dabei sein. Ihrem Beitritt stehe eigentlich nichts mehr entgegen, meinen Experten. Während die UdSSR bisher noch keinen Aufnahmeantrag gestellt hat, werden die Tschechoslowakei und Bulgarien schon bei diesem Treffen in IWF und WB aufgenommen werden. Namibia, die Mongolei und die Schweiz haben jetzt ihre Mitgliedschaft beantragt; bleiben nur noch Kuba, Nordkorea und Albanien vor den Toren der Weltkreditwächter.

So wird denn der Dauerbrenner des alljährlichen IWF/WB-Treffens, die Schuldenproblematik der Länder der Dritten Welt, trotz anhaltender Dringlichkeit diesmal an den Rand gedrängt werden. Schon der am Mittwoch vorgestellte „weltwirtschaftliche Ausblick“ der volkwirtschaftlichen Abteilung des IWF schien diesen Trend in der Themengewichtung zu reflektieren. Bei einem angenommenen Ölpreis von 26 Dollar pro Barrel, der 1991 auf 21 Dollar fallen soll, sieht der IWF eine leichte Abschwächung des globalen wirtschaftlichen Wachstums und eine erhöhte Inflationsgefahr. Dabei unterscheiden sich die prognostizierten Wachstumsraten zwischen den ölexportierenden Entwicklungsländern (3,5 Prozent) und den ölimportierenden Entwicklungsländern (1,75 Prozent) erheblich. Während die asiatischen Länder weiterhin mit Wachstumsraten um die fünf Prozent rechnen können, ist die Prognose eines „langsamen Wachstums“ für die USA nach den am Dienstag verkündeten Wirtschaftsdaten mehr als optimistisch. Für das sich wiedervereinigende Deutschland sieht der IWF eine erhebliche Senkung des Leistungsbilanzüberschusses auf ein Prozent des Bruttosozialprodukts voraus.

Fast am Rande prognostiziert das Papier eine Zunahme der externen Schuldenlast der Entwicklungsländer für 1990/91 auf 1,35 Billionen Dollar, wobei der Anteil nichtkommerzieller Kredite bis Ende 1991 auf 45 Prozent ansteigen wird. Über diese sogenannte „Offizialisierung“ der Schuldenlast gab es im Vorfeld des IWF-Meetings bereits Streit. Denn die kommerziellen Banken wollen — zum Beipiel im Falle Brasiliens — jegliche neue Kreditvergabe durch IWF oder Weltbank an die vorherige Begleichung fälliger Zinszahlungen für alte Kredite binden. Eine grundsätzliche Neubehandlung der Schuldenproblematik, z.B. eine Erweiterung des Brady-Planes, steht angesichts der allgemein angespannten wirtschaftlichen Lage vor allem in den USA nicht auf der Tagesordnung des Washingtoner Treffens.

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